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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Knüpfen und getragen sein

Wer oben ist, will oben bleiben. Die Plätze werden verteidigt. Das gilt in Gesellschaft und Kirche. "Jeder knüpft am eignen Netz."

Evangelium

In jener Zeit wandte sich Jesus an das Volk und an seine Jünger und sprach: Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben sich auf den Stuhl des Mose gesetzt. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen. Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren, um die Lasten zu tragen. Alles, was sie tun, tun sie nur, damit die Menschen es sehen: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang, bei jedem Festmahl möchten sie den Ehrenplatz und in der Synagoge die vordersten Sitze haben, und auf den Straßen und Plätzen lassen sie sich gern grüßen und von den Leuten Rabbi – Meister – nennen. Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Matthäus 23,1–12

"Jeder knüpft am eignen Netz, versucht rauszuholen, was zu holen ist." So beginnt das Lied "Friedensnetz" aus den siebziger Jahren. Das Lied besingt eine uralte Wahrheit: erst ich und dann die anderen. "America first" gilt als Leitlinie der Politik – nicht nur in Amerika. Amerika groß machen – aber auf wessen Kosten?

Es ist die Urangst von uns Menschen, zu kurz zu kommen, außen vor zu bleiben. Die Ellenbogen werden eingesetzt und wir lassen andere über die Klinge springen. Erst ICH, und dann die Anderen.

Unsere Denkschablone ist die Pyramide. Wer oben ist, hat gewonnen: Macht, Einfluss, Ansehen, Einkommen. Nach oben schauen und nach unten treten. Wer will nicht nach oben kommen? Etwas zu sagen haben. Den Ton angeben. Hofiert werden. Und wer oben ist, will oben bleiben. Die Plätze werden verteidigt. Macht wird genutzt und gerät in Gefahr, missbraucht zu werden. Das gilt in Gesellschaft und Kirche. "Jeder knüpft am eignen Netz."

Im Evangelium bekommen die Gemeinde des Matthäus und wir einen Spiegel vorgehalten. Schaut euch die Hackordnung in der Welt, in der Kirche und eurer Gemeinde an! Christsein geht anders. Christsein schaut auf Gott! "Nur einer ist euer Vater!"

Leider ist es so, dass wir, wenn wir "Gott" denken, an "oben" denken. Wir bleiben dabei in der Denkschablone der Pyramide. "Gott" ist aber "unten" – so bezeugt es uns Jesus mit seinem Leben. Das dichteste Zeichen ist die Fußwaschung. Er macht sich klein, übernimmt den Sklavendienst, die Drecksarbeit.

Jesus geht es von Anfang bis zum Ende um Gott und um das Reich Gottes mitten unter uns. Daran entscheidet sich alles andere. Wo Gott ist, braucht es keine, die sich wie "Herrgötter" gebärden, keine "Patriarchen", die unwidersprochen das Sagen haben. "Nur einer ist euer Vater! Nur einer ist euer Meister!" – Wo wir Gott diesen Raum geben, verändern sich unsere Beziehungen untereinander auf Augenhöhe. Geschwisterlichkeit ist angesagt.

Da geht nicht immer alles glatt.

Da gibt es Auseinandersetzungen und Streit. Aber das Wissen um die gemeinsame Mitte, um den, der uns als Schwestern und Brüder miteinander verbindet, ermöglicht immer wieder einen Neuanfang. Ermutigt zu einer neuen Perspektive. Lädt ein, über den eigenen Schatten zu springen. Einander die Füße zu waschen und nicht den Kopf. Dem Leben dienen. Dem Mitmenschen dienen, damit er gut leben kann.

Wenn die gemeinsame tragende Mitte verloren geht, gewinnt wieder die soziale Abgrenzung, der krankhafte Egoismus. Dann heißt es wieder: erst ICH, dann die Anderen.

"Ihr alle aber seid Brüder (und Schwestern)!" Dieses WIR gilt es immer wieder neu zu entdecken. Vor Ort und weltweit. Netzwerke sind gefragt, die auffangen und tragen. Netzwerk als Denkschablone anstelle der Pyramide. Im Netzwerk herrschen Vertrauen statt Furcht, Zusammenarbeit statt Rivalität, allgemeines Teilen statt Habsucht (so formuliert es der Benediktiner David Steindl-Rast). So wächst der Friede. "Der Friede wird in dem Maße dauerhaft sein, wie wir unsere Kinder mit den Werkzeugen des Dialogs ausrüsten", sagt Papst Franziskus.

"Wir knüpfen ein neues Netz, verbinden, was für Frieden ist" – so die letzte Strophe des Liedes "Friedensnetz".

Pfarrer Albin Krämer ("albin.kraemer@bistum-wuerzburg.de") leitet die Pfarreiengemeinschaften "Frankenapostel" (Zellingen) und "Retztal" (Retzbach).