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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Kreuz und Toleranz

Nein, er passt nicht: der wahlwerbende Christus auf dem Plakat vor der Kirche, so Pfarrer Jürgen Dolling.

Das breite Lachen und die blitzenden Zähne verbinde ich eher mit den Vorzügen einer Zahnpasta als mit der Dornenkrone. Und der Slogan entspringt nicht der Bibel sondern einer Satire-Partei. Bei uns ist das legal. Wir leben schließlich nicht im Iran oder in der Türkei. Unpassend ist es trotzdem. Ob es unerträglich ist, das entscheidet die persönliche Toleranzgrenze. Immerhin: Religiöse Symbolik scheint nach wie vor interessant zu sein und regt zum Weiter-denken an. Was machen wir denn mit unserem Kreuz? Nicht mit dem auf dem Wahlzettel, sondern mit dem Kreuz im Leben? Ich kenne einen Mann, seit Jahren ist er alkoholkrank. Er macht immer noch weiter. "Weil es mir sonst nicht gut geht", sagt er. Hier passt der Satz auf dem Plakat: "Mach keinen Scheiß mit deinem Kreuz!" Ein anderes Kreuz trägt Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel: Querschnittslähmung. Die ersten Interviews sind sehr berührend. "Ich bin immer noch ich," sagt sie. Und sie versucht, ihr Schicksal anzunehmen. Religiös interpretiert sie ihren Weg nicht. Aber sie ist stark und offen, auch wenn sie manchmal mit den Tränen kämpft.

Das kenne ich auch aus der Bibel. Das Kreuz, unter dem man kein Lächeln findet. Und doch findet man dort Liebe. Jesus hat sie gelebt, der Rabbi, der selbst dem Kreuz nicht ausgewichen ist. Den Menschen um sich herum hat er gesagt: "Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach!" (Markus 8, 34). Oder anders gesagt: Sei konsequent in Sachen Liebe und Toleranz. Letzteres gibt es ja nicht erst seit der Aufklärung. Das lateinische Wort "tolerare" bedeutet "ertragen, aushalten, dulden." Mit Herz und Sinn! Eine Lebensaufgabe, bei der man aber auch immer wieder an Grenzen stößt. Für mich liegt die Grenze dort, wo keine Menschen-Liebe mehr ist.

Ein unpassendes Wahlplakat kann ich noch tolerieren. Unpassende Rhetorik im Bundestag und anderswo, die Ressentiments schürt, nicht. Sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kirche sollte es anders anders sein. Wir brauchen keine verbale Inquisition, sondern Offenheit und Toleranz. Die Nacht der offenen Kirchen am kommenden Dienstagabend in der Würzburger Innenstadt ist eine Gelegenheit dazu. Begegnung und Gespräch, Musik, Gebet, Bauwagen, Kino - suchen Sie sich etwas aus für Ihr Herz und Ihre Seele! Das Kreuz begegnet einem dabei immer wieder. Warum auch nicht? Es ist ja das Zeichen Gottes für seine Nähe und Liebe dort, wo wir unser eigenes Kreuz im Leben tragen.

Jürgen Dolling ist Gemeindepfarrer der Evangelisch-Lutherischen Dekanatskirche St. Stephan in Würzburg. 

Der Impuls "Sinn & Religion" erscheint wöchentlich auf der Internetseite der Kirche in der Region Würzburg.