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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Eindringlich und verstörend

Menschen können nicht mehr lachen, arbeiten, essen, lieben, schlafen, weil die Seele nicht mehr kann.

In jener Zeit sagte Johannes – einer der Zwölf – zu Jesus: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört – amen, ich sage euch: Er wird nicht um seinen Lohn kommen. Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde. Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.

Markus 9,38–43.45.47–48

Hilfe, was für ein Text. Er beginnt ganz harmlos. Johannes erzählt von einem, der im Namen Jesu Dämonen austreibt, ohne zur Gruppe um Jesus zu gehören. Der hat da-mit kein Problem – wer nicht gegen uns ist, ist für uns, und wer euch unterstützt, wird belohnt werden. Wer aber, so Jesus, einem der Kleinen, die an ihn glauben, negativ begegnet, dem wird es schlecht gehen. Jetzt geht das Grauen im Text los.

Ich komme noch aus einer Generation, wo in der Schule die Bibel vorgelesen wurde und man die Texte wortwörtlich nehmen musste. Bei unserem Pfarrer war es schon verboten, nur nachzufragen oder zu vermuten, dass doch da was nicht stimmen könnte. Wie redet Jesus da auf einmal? Das passt doch gar nicht zu ihm. Man soll Menschen, die Glaubende negativ behandeln, mit einem Mühlstein im Meer versenken! Wenn eine Hand oder ein Fuß Ärgernis geben, damit ist gemeint, wenn man damit sündigt, soll man lieber amputiert ins Himmelreich gehen als mit gesunden Gliedmaßen in die Hölle. Dasselbe gilt auch für das Auge. Wie habe ich diesen Text als Kind gehasst. Er hat mich verwirrt und mir Angst gemacht.

Heute bin ich kein Kind mehr und habe die historisch-kritische Betrachtungsweise des Neuen Testaments gelernt. Und da gibt es Erklärungsversuche für diese Textstelle. So wird vermutet, dass Markus auf die verunsicherte junge Gemeinde reagiert. Tatsächlich gab es Jesusanhänger, die nicht zur jungen Kirche gehörten, und Markus beruhigt die Christen. Aber muss Markus seine Botschaft in solch martialische Bilder packen? Warum hat er das getan? Ich vermute mal, ihm ist der Geduldsfaden gerissen. Er wollte die Menschen für Jesus gewinnen, und die haben es einfach nicht kapiert. Da kann man schon mal laut werden oder provozierend schreiben.

Markus ging es darum, zu zeigen, dass uns unsere Füße auf einen Weg führen können, der nicht gut für uns ausgeht. Dieselbe bildhafte Erklärung gilt auch für Hände und Augen. Offenen Auges rennen wir manchmal in Situationen, von denen wir wissen, dass sie uns schaden. Wie oft schlagen wir im Leben eine Richtung ein, die nicht gut gehen kann, und tun dies entgegen besseren Wissens. Wir gehen einen Weg, der uns schadet, das heißt, wir sündigen. Über kurz oder lang kann unser Weg dann zu Lebzeiten in die sogenannte Hölle führen. Unendlich viele Menschen wissen genau, wie sich die Hölle anfühlt. Depressionen, Sucht, Einsamkeit, unendliche Trauer, quälende Schuld, Traumatisierungen, das kann zur Hölle werden.  Dazu braucht man nicht tot zu sein, auch wenn betroffene Menschen sich manchmal wünschen, es zu sein.

Die Hölle kann eine Folge unserer Lebensweise sein. Depressionen scheinen zur Volkskrankheit zu werden. Menschen können nicht mehr lachen, arbeiten, essen, lieben, schlafen, weil die Seele nicht mehr kann. Andere werden von Schuldgefühlen gequält, zu Recht oder auch nicht, und wissen nicht, wohin damit.Nicht immer rennen wir selbst in die Hölle. Viel zu oft sind Menschen Opfer. Ich denke zum Beispiel an Mobbingopfer. Opfer sexualisierter Gewalt, deren Zahl so groß ist, dass ich sie gar nicht glauben kann. Mir fallen Menschen ein, die ausgenutzt werden, respektlos behandelt werden und sich nicht wehren können.Markus sieht das Elend kommen. Es schmerzt ihn, zu sehen, dass es zum Teil anders sein könnte, wenn wir auf das Wort und Vorbild Jesu vertrauen würden. Sein Weg führt in den Himmel, auch zu Lebzeiten.

Rosemarie Becker („rosemarie.becker@bistum-wuerzburg. de“) ist Religionslehrerin an der Staatlichen Realschule Elsenfeld.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.