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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Macht, die aufleben lässt

Wer in die Schule Jesu geht, wird fürsorglich sein müssen. Wer über Macht verfügt, soll für andere da sein, sie „machtvoll“ beschützen.

Betrachtung zum Sonntagsevangelium am 21. Oktober 2018

Evangelium

In jener Zeit traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu Jesus und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen. Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde? Sie antworteten: Wir können es. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde. Doch den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken habe nicht ich zu vergeben; dort werden die sitzen, für die diese Plätze bestimmt sind. Als die zehn anderen Jünger das hörten, wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.
Markus 10,35–45

Machtkämpfe – wohin man schaut. Morgens am Schulbus geht es meist damit los: Wer wird wohl als erster einsteigen? Der Platz der abgestellten Schultasche gibt schon an der Bushaltestelle die Rangfolge an. Machtkämpfe im politischen Bereich: Immer wieder kämpfen die Parteien um Einfluss und Vorherrschaft. Vielerorts gibt es dabei kriegerische Auseinandersetzungen. Machtkämpfe im wirtschaftlichen Bereich: innerhalb der Firmen, Kämpfe um Marktpositionen, Auseinandersetzungen zwischen Unternehmern und Gewerkschaften. Machtkämpfe innerhalb der Kirche: Meinungsverschiedenheiten zwischen den „Progressiven“ und „Konservativen“, zwischen den Konfessionen und Religionen, bis zum Streit innerhalb der Pfarrgemeinden.

Wird Jesus in dieser biblischen Erzählung nicht auch in einen Machtkampf verwickelt? Jakobus und Johannes wenden sich an Jesus mit der Bitte: „Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den anderen links neben dir sitzen.“ Mit anderen Worten: Wenn du im Reich Gottes die Herrschaft angetreten hast, dann wollen auch wir etwas von deiner Macht haben; wir trauen es uns zu, gewissermaßen deine rechte und linke Hand zu sein.

Ganz schön mutig, diese zwei! Und Jesus? Müsste er den dreisten Vorstoß der Brüder nicht sofort zurückweisen? Doch er reagiert nicht schroff, sondern ruhig und mitleidsvoll: „Ihr wisst nicht, um was ihr bittet.“ Und er macht sie darauf aufmerksam: Meine Nachfolge führt unweigerlich zunächst in den Kreuzweg, in den Misserfolg, ins Scheitern. Seid ihr bereit, diesen Weg mitzugehen?

Jakobus und Johannes lassen sich selbst durch diese Fragen nicht einschüchtern. Sie haben immer noch nicht verstanden, was Jesus ihnen klarmachen möchte – dass der Wunsch nach Macht, Ehre und Ansehen nicht zu seinem Programm gehört.

Wer in die Schule Jesu geht, wird fürsorglich sein müssen. Wer über Macht verfügt, soll für andere da sein, sie „machtvoll“ beschützen. Es wird in der menschlichen Gesellschaft immer Kleine und Große geben; solche, die Befehle geben, und solche, die sie auszuführen haben. Aber deswegen braucht es noch lange nicht Demütigung und Unterdrückung zu geben.

Wir sind als Kirche aufgerufen, eben aus einem anderen Geist heraus miteinander umzugehen. Wenn bei euch einer ein Großer, ein Erster sein will, dann möge er vor allem ein „Dienender“ sein.

Jesus möchte, dass wir lernen, die eigene Macht so zu nutzen, dass andere Menschen aufleben können, dass sie nicht gedemütigt, sondern ermutigt werden.

Streben wir als Christen eben nicht (nur) nach Macht, Ehre und Ansehen, sondern nehmen wir einander mit auf den Weg, zu dem jede und jeder von uns eingeladen ist. Dass es dabei kein Oben und Unten, keinen Ersten und Letzten, keinen Sieger und keinen Verlierer geben muss, darauf macht uns das Wort Jesu vom Dienen aufmerksam.

Also am Schulbus darf jeder Schüler einsteigen und dort einen Platz einnehmen. In der Politik sollte der Ort für viele Meinungen sein, damit in rechter Weise eine tragfähige Lösung gefunden wird. In der Arbeitswelt sollten alle Menschen ein Recht haben, ihr tägliches Brot zu verdienen, ihr Ein- und Auskommen zu haben. In der Kirche braucht es auch kein Oben und Unten zu geben, denn wir alle, ob hauptberuflich oder ehrenamtlich, wir alle sind zur dienenden Nachfolge eingeladen, so wie es Jesus selbst gesagt und getan hat.

Günter Schöneich ist Diakon in der Pfarreiengemeinschaft „Kirche am Zabelstein“.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.