Der Apostel Paulus spricht von den Mitgliedern seiner Gemeinden als ‚heilige Geschwister‘. Wie im sogenannten ‚Alten Testament‘ geht es bei dieser Heiligkeit darum, ein Leben nach den Maßstäben Gottes zu führen. Einerseits sagt die Bibel, nur Gott sei heilig, andererseits heißt es mehrfach „Seid heilig, weil ich, Gott, heilig bin“. Jede und jeder einzelne ist also angehalten, ethisch zu handeln, gerecht und aufrichtig zu leben.
Eine Geschichte erzählt von Kindern, die im Religionsunterricht einen Heiligen zeichnen sollen. Eine Schülerin malt ihre Namenspatronin Elisabeth, die Brot verteilt. Ein Junge zeichnet den heiligen Martin, wie er seinen Mantel teilt. Den Heiligen, den ein anderes Mädchen malt, kennt die Lehrerin nicht. Auf dem Bild ist ein Mann zu sehen, mit Brille und Bart und einer Teekanne in der Hand. Aber einige Kinder rufen: „Das ist doch der Herr Krause!“ - „Er hat seiner Nachbarin einen heilenden Tee gekocht als sie schlimme Magenschmerzen hatte“, weiß einer. Eine andere meint: „Er ist für meine kranke Oma einkaufen gegangen“. Die Kinder erzählen weitere Geschichten, wie Herr Krause heilsam für seine Mitmenschen gewirkt hatte, ein Alltagsheiliger eben. Sie kommen zu dem Schluss: Heilige sind leuchtende Vorbilder und die brauchen und finden wir zu jeder Zeit.
Wenn wir also am Feiertag Allerheiligen auf den Friedhöfen das Fest Allerseelen quasi vorziehen, dann finde ich das sehr passend. Denn unter denen, an deren Gräbern wir stehen, gibt es sicher auch etliche, die wir Heilige nennen können. Wir kannten und kennen Menschen, die für uns ein leuchtendes Vorbild sind. Menschen, die selber leuchten und durch die etwas vom Licht Gottes in die Welt kommt. Wenn wir uns an ihnen orientieren, dann werden wir von Zeit zu Zeit für andere vielleicht auch Alltagsheilige.
Brigitte Glaab, alt-katholische Priesterin, Aschaffenburg
