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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Wochenende am 5. November 2021

Erinnerung an 1938 wachhalten

Unsere Gotteshäuser sind Zentrum des jüdischen Gemeindelebens, hier tauschen sich Menschen aus und finden neue Kraft, so Dr. Josef Schuster.

Synagoge heißt auf Hebräisch „Bet Knesset“ – das Haus der Versammlung. Unsere Gotteshäuser sind Zentrum des jüdischen Gemeindelebens, hier tauschen sich Menschen aus und finden neue Kraft. Wir beten gemeinsam, wir trauern gemeinsam und sprechen zusammen das Kaddisch-Gebet in Erinnerung an die Verstorbenen.

Es ist ein ganzes Menschenleben her, seit Synagogen in Deutschland einem unvorstellbaren Angriff ausgesetzt waren In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 schändeten und steckten die Nationalsozialisten jüdische Gotteshäuser in Brand, überfielen Geschäfte und unschuldige Menschen.

In Würzburg drangen sie in der Scheffelstraße in das Haus des Weinhändlers Ernst Lebermann ein, zerrten ihn aus dem Bett und misshandelten ihn so schwer, dass er am nächsten Tag starb. Auch die Hauptsynagoge wurde angegriffen und verwüstet. 1945 wurde sie im Krieg zerstört.

Der Begriff Pogrom stammt aus dem Russischen und bedeutet „Verwüstung“, „Zerstörung“, „Krawall“. Die gewaltsamen Ausschreitungen, die man früher beschönigend „Reichskristallnacht“ nannte und heute als Pogromnacht bezeichnet, waren ein Angriff auf das Herz der jüdischen Gemeinschaft und ein Vorzeichen des Völkermordes. Tausende von Juden wurden nach den Novemberpogromen in Konzentrationslager gebracht. Wem es zu dem Zeitpunkt noch gelang, wanderte aus. Fast alle Juden, die in Deutschland blieben, wurden in der Schoa ermordet.

Die Nationalsozialisten versuchten, die Novemberpogrome als „spontanen Volkszorn“ gegen die Juden darzustellen, oder als Reaktion auf das Attentat eines polnischen Juden auf den deutschen Diplomaten Ernst von Rath in Paris. Doch in Wirklichkeit waren die Ausschreitungen von langer Hand geplant.

Auch heute sind Synagogen weltweit Ziel von Gewalt – wie etwa vor drei Jahren beim Anschlag auf die Synagoge „Tree of Life“ in Pittsburgh (USA), vor zwei Jahren in Halle an Jom Kippur oder dieses Jahr beim versuchten Anschlag auf die Synagoge in Hagen. Heute schützt der deutsche Staat die jüdische Gemeinschaft gegen Angriffe, während er während der NS-Zeit selbst Urheber des Terrors war. Es ist wichtig, sich diesen Unterschied immer wieder bewusst zu machen. Auch die deutliche Mehrheit der Bevölkerung steht an der Seite der jüdischen Gemeinschaft. Die Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 müssen wir als Mahnung dennoch wachhalten, auch in den nächsten Generationen.

Dr. Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland

Der Impuls "Wort zum Wochenende" erscheint wöchentlich auf der Internetseite der Kirche in der Region Würzburg.