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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken eines Augenzeugen

Ich will nur meine Ruhe und etwas Kraft für den Alltag. Ehrlich gesagt höre ich den Predigern nicht immer gut zu. Will ein bisschen abschalten, bei Gott Sorgen loswerden, auftanken und danach mit Bekannten plaudern.

Betrachtung zum Sonntagsevangelium – Vierter Sonntag im Jahreskreis

Evangelium

In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! 

Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

Markus 1,21–28

Was hat das zu bedeuten? Da gehe ich wie jede Woche zum Gottesdienst, will ein bisschen abschalten, bei Gott Sorgen loswerden, auftanken und danach mit Bekannten plaudern. Ich habe keinen Bedarf an Provokationen und Überraschungen!

Ich will nur meine Ruhe und etwas Kraft für den Alltag. Ehrlich gesagt höre ich den Predigern nicht immer gut zu. Erzählen sie nicht sowieso immer das Gleiche? Sollen sie auch, wenn es nach mir geht. Ich brauche keine Veränderung, keinen Aufbruch, keinen Neuanfang. Wenn alles läuft, wie es soll und wie man es gewohnt ist, dann ist doch alles gut.

Und mit der einen oder anderen Störung werden wir schon fertig: wie dieser Typ, der manchmal total unruhig wird, plötzlich aufspringt und irgendwas Unverständliches ruft. Er gehört halt zur Gemeinde. Wir haben uns daran gewöhnt. Dann geht eben einer mit ihm raus und harrt bei ihm aus, bis der Anfall wieder vorbei ist.

Heute ist er völlig ausgerastet. In der Predigt ging es um Freiheit, soweit ich es mitbekommen habe. Es war eigentlich ganz okay, nicht so langweilig und abgehoben salbungsvoll wie oft. Ich habe weitgehend zugehört, denn Überzeugung und Begeisterung des Redners waren deutlich spürbar. Nichtsdestotrotz war ich skeptisch: Wissen die Leute denn mit ihrer Freiheit umzugehen? Es kann doch nicht jeder tun und lassen, was er will. Ein schwieriges Thema, finde ich. Ein vertrauter Rahmen, ein paar verlässliche Spielregeln für unser Zusammenleben – das muss doch vorgegeben sein. Das dient der Gemeinschaft und gibt Sicherheit. Frei sein – das hieße ja auch verantwortlich zu sein. Ich weiß ja nicht ...

Meine Gedanken sind abgeschweift: Wo ich mich unfrei fühle, das sind zum Beispiel die vielen Verpflichtungen des Alltags. Ständig will jeder irgendwas: in der Familie, auf der Arbeit, in der Gemeinde. Von manchen äußeren Zwängen wäre ich schon gerne freier. Aber was soll man tun: Man muss doch seinen Mann stehen.

Und leider habe ich auch ein Laster, von dem ich mich habe gefangen nehmen lassen; ich komme einfach nicht von einer dummen Angewohnheit los. Das verberge ich eben, so gut es geht.

Ein anderer Punkt ist mein eigener Anspruch und meine Sorge um meinen guten Ruf und das Ansehen meiner Familie. Was denken die anderen über mich? Diese Frage bestimmt mein Handeln und mein Reden und engt mein Verhalten oft ganz schön ein.

Aber was soll‘s? Unser alter Bekannter holte mich aus meinen Gedanken zurück, denn er war schon die ganze Zeit am Zappeln und Murmeln, bis er auf einmal schrie wie verrückt. Ich ging zu ihm hin und sprach ihn an, um mit ihm den Raum zu verlassen. Da sagte der Prediger des Tages: Schweig und verlass ihn! Ich bin so erschrocken! Ich brauchte eine Weile, um zu realisieren, dass er weder mich noch ihn meinte. Er wandte sich direkt an das, was den Mann so versklavt hielt.

Es schüttelte den Armen jetzt so sehr, wie ich es noch nie erlebt hatte. Er warf sich herum und kreischte. Dann war es still.

Ich weiß gar nicht, wie der Gottesdienst dann noch zu Ende ging. Wir waren alle sehr verwirrt. Dem befreiten Mann ging es gut. Er war nur hungrig und müde. Bin gespannt, ihn wiederzusehen. Wie er wohl zurechtkommt mit seiner neuen Freiheit?

Was hat das zu bedeuten? Was wäre, wenn dieser Prediger meine Zwänge angesprochen hätte, dass sie schweigen und mich verlassen sollten?

Birgit Hohm ("birgit. hohm@bistum-wuerzburg.de") ist Pastoralreferentin und arbeitet im Referat Junge Erwachsene und Jugendkirche der Diözese Würzburg.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.