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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Kreuzwort am 16. Juli 2022

Gott ist größer

Was hätten Sie getan? Sie sitzen in einer stillen Ecke der Kirche. Da wird stürmisch die Türe aufgerissen. Drei Jugendlichen rennen durch den Kirchenraum und zünden Kerzen an: Ihr Ruf: „Allahu akbar“ („Gott ist größer“).

Als ich auf sie zugehe und sie zur Rede stelle, ziehen sie erschreckt die Kapuzen übers Gesicht und stürzen nach Draußen. Den dritten erwische ich am Arm: Er stammelt: „Meine Oma ist verstorben. Deshalb habe ich die Kerzen angezündet.“ Natürlich überkommt mich Ärger, suche nach Formulierungen, um die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen - und verwerfe dann mein Ansinnen.

Denn am nächsten Morgen bekommt die Szene eine neue Färbung. Was wäre, fragte ich mich, wenn die Jugendlichen in ihrer flegelhaften Naivität nicht das Rechte, aber etwas Richtiges durch den Raum trompetet haben? Gott ist tatsächlich größer all das, was laut draußen vor der Kirchentüre passiert, größer als die schönen Kunstwerke im Raum, größer als der festliche Ritus, der dort gefeiert wird, größer als Menschen, die im Namen Gottes unverschämte Kriege führen. Und der Dritte im Bunde mit der Bemerkung über die angeblich verstorbene Oma. Er erinnerte mich an eine Geschichte von Friedrich Nietzsche, dem geschmähten Gottverächter. In ihr erzählt er vom „tollen Menschen“, der am Vormittag auf den Marktplatz lief und eine Laterne anzündete. Dabei schrie er unaufhörlich: „Ich suche Gott. Ich suche Gott…. Wir haben ihn getötet - ihr und ich. Wir alle sind seine Mörder! … Was taten wir, als wir diese Erde von der Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend.?… Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts… Hören wir noch nichts vom Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung?“ Das sind fast unerträgliche Sprachbilder. Aber sie sind erlebt und erlitten. Auch der Jugendliche musste Kerzen anzünden. Nehmen wir seine Entschuldigung ernst, so ging ihm die Oma verloren, die ihm ein Zuhause, Nähe und Halt gegeben hat. Wir sollten darum beten, dass Gott den Dreien als der tatsächlich Größere aufgeht, und dass sie Menschen finden, die ihnen vorleben, was menschliche Größe heißt.

Peter Spielmann
pastorale Mitarbeit in Obernau

Der Impuls "Kreuzwort" erscheint wöchentlich auf der Internetseite der Region Aschaffenburg.