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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Kreuzwort am 11. Juli 2020

Identität der Kirche

Die jüngst veröffentlichte Statistik des kirchlichen Lebens 2019 hat für Schlagzeilen gesorgt. Über eine halbe Million Mitglieder haben die beiden großen Kirchen verlassen – so viele Austritte wie lange nicht mehr. „Christliches Milieu in Deutschland schwindet“ titelte eine Regionalzeitung aus unserer Gegend.

Für das Corona-Jahr 2020 fürchtet man eine weitere Steigerung der Kirchenaustrittszahlen. Natürlich wird schon länger lebhaft über die Ursachen dieser stetigen Abwanderung aus den großen „Volkskirchen“ diskutiert – genauso wie über Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind. Ob bei den Gründen für die hunderttausendfachen Austritte mehr die externen Ursachen der gesellschaftlichen Veränderungen oder überwiegend Fehler und Versagen der Kirchen und ihrer Vertreter selbst zu veranschlagen sind, wird man kaum abschließend beurteilen können. Jedenfalls spielen vielfältige Gründe aus beiden Bereichen eine Rolle.

Doch was soll man daraus für Schlüsse ziehen? Sollte sich die Kirche mehr an die Zeit anpassen? Sollte sie moderner werden, und wenn ja was heißt „moderner“ genau? Braucht es neue Formen und neue Räume für Gottesdienste und Gemeinschaft? Oder müssen gar traditionelle Glaubensüberzeugungen über Bord geworfen werden? Es lastet ein großer Reformdruck auf den Kirchen, und es sind bei allen genannten Fragen eine ganze Reihe von Zerreißproben zu bestehen. 
Aufs Ganze gesehen darf man von einer echten Identitätskrise der Kirchen sprechen. Da darf man auf jeden Fall trauern. Und dass wir aussprechen, dass es uns um jeden einzelnen Getauften, der der Kirche den Rücken kehrt, leid tut, ist auch in Ordnung. Aber wir dürfen nicht im Selbstmitleid versinken. In einer Identitätskrise braucht es Besinnung und Beratung, keinen Aktionismus. Es gilt, sich neu zu finden. Dabei gründet die Identität der Kirche genauso wie die des einzelnen Christen nicht in sich selbst, sondern in Jesus Christus. Darum darf es auch nie darum gehen, Menschen an die Kirche zu binden. Vielmehr geht es immer darum, Menschen einen Zugang zum dreieinigen Gott zu vermitteln. Dabei scheint es mir bei allen schlechten Gefühlen, die mit dem Mitgliederverlust, der ein Bedeutungsverlust ist, einhergehen, wichtig zu sein, dass wir uns als Kirche in Bescheidenheit üben. Es darf um Himmels willen nicht so erscheinen, als wollten wir gewisse Privilegien oder Machtstellungen erhalten. Hier hilft die Besinnung auf Jesus, der sich in Demut und Sanftmut empfohlen hat. Die junge Kirche hat es ihm nachgetan und dies mit Glaubens- und Lebensüberzeugungen verbunden, die sie ohne das Buhlen um öffentliche Beachtung bewusst als Kontrastgesellschaft – als „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ gelebt hat.

Till Roth, Dekan in Lohr a.Main 

Das Kreuzwort erscheint jeden Samstag im Serviceteil der Lokalzeitung “Main Echo” und online auf der Internetseite der Region Aschaffenburg.