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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 4. Juli 2021

Jesu "Wahlprogramm"

Nicht nur in der Kirche sind zur Zeit brennende Probleme, in der kleinen und großen Welt gibt es brennende Sorgen. Das Programm Jesu sucht Menschen, die die Probleme und Sorgen an sich heranlassen und sich nicht fein heraushalten oder eben zuerst die eigene Haut retten wollen nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut!“

Evangelium

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Matthäus 5,1–12a

In ein paar Wochen findet die Wahl eines neuen Bundestags statt. So nach und nach stellen die Parteien ihre Programme vor. Ziemlich am Anfang des Matthäusevangeliums können wir das Programm Jesu nachlesen. Mit diesem „Programm“ würde er nicht viele Stimmen bekommen und kaum jemanden „hinter dem Ofen beziehungsweise der Klimaanlage“ hervorlocken; anders beim heiligen Kilian und seinen Gefährten. Sie waren „Feuer und Flamme“ für die Sache Jesu. Sie waren sogar bereit, ihre Heimat zu verlassen und sich auf einen abenteuerlichen und gefährlichen Weg zu machen, ohne zu wissen, was sie erwartet und ohne Aussicht auf Erfolg; am Ende haben sie sogar ihre Köpfe dafür hingehalten.

Das Programm Jesu ist verheißungsvoll. Es verspricht das Himmelreich und Trost; es wirft einen Blick in eine bessere Zukunft: das Land erben, satt werden an Gerechtigkeit, Gott schauen, Kinder Gottes genannt werden, den großen Lohn im Himmel empfangen – das erwartet alle, die seligzupreisen sind.

Der Weg dahin aber klingt weniger verheißungsvoll, eher hart und schwer, fast unmöglich: Trauern, Hunger und Durst (nach Gerechtigkeit) haben, ja Jesus spricht sogar von Verfolgung, Beschimpfung und Verleumdung. Und dann soll man zu alldem keine Gewalt anwenden, barmherzig sein, ein reines Herz haben, Frieden stiften – sozusagen ein „Gutmensch“ sein.

„Die Hütte brennt, und wir gießen die Geranien!“ Ich weiß nicht, wo ich den Spruch mal gelesen habe, aber ich zitiere ihn oft, wenn mir auffällt, dass wir als Kirche schön um uns selber kreisen und unseren Auftrag völlig vergessen. Nicht nur in der Kirche sind zur Zeit brennende Probleme, in der kleinen und großen Welt gibt es brennende Sorgen. Das Programm Jesu sucht Menschen, die die Probleme und Sorgen an sich heranlassen und sich nicht fein heraushalten oder eben zuerst die eigene Haut retten wollen nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut!“

Menschen, die die Sehnsucht nach Gerechtigkeit zu ihrem eigenen Hunger und Durst werden lassen; die sich von Not und Leid berühren lassen. Menschen, die trauern, dass es so weit kommen konnte, dass Menschen so ungerecht, egoistisch, rücksichtslos, gemein, unvernünftig, brutal sein können. Menschen, die versuchen, anders zu sein, die keine Gewalt anwenden – auch keinen bösen Blick, kein eisiges Schweigen, keine verletzenden Worte. Menschen, die das Herz rein halten von jeder Art von Gier, vom Habenwollen (auch von Rechthaberei), Hass, Rache, Unzufriedenheit. Menschen, die Frieden stiften, nicht noch Öl ins Feuer gießen, hetzen, hintenherum reden und schüren, sondern vermitteln, sich um Verständnis bemühen; den ersten Schritt auf andere zugehen; verzeihen, vergeben, nicht nachtragen. Und die dann als mögliche Konsequenz mit Verleumdung, Beschimpfung, ja „Verfolgung“ rechnen müssen und diese tragen und ertragen, ohne selbst Gewalt anzuwenden und das Herz von Rache und Hass zerfressen zu lassen.

Die erste der Seligpreisungen könnte der Schlüssel dazu sein: „Selig, die arm sind vor Gott“: Vor Gott darf ich ehrlich sein; Gott muss ich nichts beweisen; ihm muss und kann ich auch nichts vormachen; Gott darf ich hinhalten, wie es gerade in mir aussieht; meine Ratlosigkeit, meine Hilflosigkeit; meine Trauer; wenn ich versagt habe; meine Grenzen und innere Armut. Das Himmelreich wird mir so geschenkt, denn Gott hat versprochen: Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.

Gerd Greier ist Pfarrer im Team im Pastoralen Raum Bad Kissingen

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.