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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 25. April 2021

Jesus – ein Influencer

Sind diese Influencer*innen die modernen Hirten*innen, denen das Volk in Scharen nachläuft? Die Parallelen sind unübersehbar: jemand, der vorangeht und hinter sich sammelt, jemand, der fasziniert, jemand, von dem viele sich rühmen, dass sie ihn*sie kennen, jemand, der Menschen beeinflusst und in eine bestimmte Richtung führt. Natürlich hat Jesus in einer ganz anderen Zeit und Kultur gelebt, die von Internetplattformen nichts wusste. Mit seinem alten Bild vom guten Hirten ist er allerdings hochmodern.

Evangelium

In jener Zeit sprach Jesus: Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen, lässt die Schafe im Stich und flieht; und der Wolf reißt sie und zerstreut sie. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt. Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten. Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es von mir aus hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.

Johannes 10,11–18

Die Welt der Influencer*innen und ihrer Follower*innen auf den Internetplattformen ist eine Modeerscheinung unserer Zeit. Da stellen Menschen von sich Videoclips ins Netz und posten ihre Einstellung zu Ernährung, Mode, Reisen, Beauty, Fitness, Photographie, um nur einige Kategorien zu nennen. In aller Munde war kürzlich die 81-jährige Erika Rischko, die während des Lockdowns mit ihren Fitnessübungen auf TikTok schon über 115000 Nutzer*innen hinter sich scharen konnte, die von ihrer Fitness im Alter und ihrem Vorbild fasziniert sind.

Sind diese Influencer*innen die modernen Hirten*innen, denen das Volk in Scharen nachläuft? Die Parallelen sind unübersehbar: jemand, der vorangeht und hinter sich sammelt, jemand, der fasziniert, jemand, von dem viele sich rühmen, dass sie ihn*sie kennen, jemand, der Menschen beeinflusst und in eine bestimmte Richtung führt. Natürlich hat Jesus in einer ganz anderen Zeit und Kultur gelebt, die von Internetplattformen nichts wusste. Mit seinem alten Bild vom guten Hirten ist er allerdings hochmodern. Doch was macht diesen „guten Hirten“ unverwechselbar, ja auch unüberbietbar?

„Ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich“, sagt Jesus im Evangelium. Hier ist nicht von einem oberflächlichen Kennen die Rede. In dem griechischen Wort geht es nicht um ein Kennen vom Verstand her, sondern um ein inniges, gegenseitiges liebendes Verbunden- und Vertrautsein. Vielleicht schwingt da etwas von der bekannten Redewendung „Ich kenne meine Pappenheimer“ mit. Was lässt den „guten Hirten“ noch herausragen über alle modernen Influencer*innen der Welt?

Er sagt von sich, dass ihm so viel an seinen Schafen liegt, und zwar an jedem*r einzelnen, dass er bereit ist, sein Leben für sie hinzugeben. Jemand, der mit Haut und Haar für die Seinen da ist, auch und ganz besonders in Gefahren und Bedrohungen. Genau dann, wenn uns scheinbare Freunde*innen in der Not im Stich lassen, wenn auf mutmaßliche Nahestehende kein Verlass ist, dann ist dieser gute Hirte für dich und für mich da wie kein anderer.

Zugegeben: Die offizielle Herde dieses unvergleichlichen Hirten ist heute stark am Schwinden. Immer mehr verlassen seinen offiziellen Stall und kehren seiner Herde aus Frust und Enttäuschung den Rücken. Je mehr diese Abkehr wagen, desto mehr scheint der Herdentrieb auch negativ anzustecken, so wie kürzlich im Amtsgericht Köln das Internet zusammenbrach, weil sich gleichzeitig mehr als 5000 Menschen auf der Internetplattform für den Kirchenaustritt anmelden wollten.

Wird die Herde des „guten Hirten“ bis zur Bedeutungslosigkeit schwinden? Ich glaube es nicht. Ich bin überzeugt, dass der „gute Hirt“ uns auch heute im Herzen mit unserer Sehnsucht anspricht – und mit uns womöglich Menschen aus ganz anderen „Ställen“, von denen er im Evangelium sagt, dass er auch sie führen und begleiten will. Vielleicht geht es einfach darum, in all der verwirrenden Vielfalt der Influencer*innenstimmen unserer Tage seine Stimme im Herzen wieder zu hören.

Ob wir wahrnehmen können, wie unendlich beglückend es ist, dass einer mich durch und durch kennt, mich annimmt mit all meinen Macken, sich für mich einsetzt, weil ich ihm einzigartig bin, und mich führen will auf einem heilvollen Weg durch alle Wirrnisse und Gefährdungen unserer Zeit. Wollen Sie für diesen Hirten nicht Ihr ganz persönliches „Herzens-Like“ setzen?

Marion Mack ist Pastoralreferentin und arbeitet als Klinikseelsorgerin am Universitätsklinikum Würzburg.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt