Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 28. August 2022

Jesus und die Sitzordnung

Machtstrukturen und Ellbogen­denken bestimmen damals wie heute den Alltag – besonders im besseren Teil der Gesellschaft. Viele denken zuerst an sich selbst und möchten auch möglichst weit vorne sein. Doch schon in den Worten der Ersten Lesung aus dem Buch Jesus Sirach heißt es: „Je größer du bist, desto mehr bescheide dich, dann wirst du Gnade finden bei Gott!“ (Sir 3,18).

Evangelium

Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen: Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein, und dir ist es vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Lukas 14,1.7–14   

Also ehrlich, dieser Jesus nervt. Jetzt will er auch noch über die Sitzordnung bestimmen und dass wir doch gefälligst die untersten Plätze einnehmen sollen. Und statt unserer Freunde, die uns lieb und teuer sind, will er, dass wir den ‚Abschaum‘ der Gesellschaft einladen – Arme, Krüppel, Lahme und Blinde. Es ist doch nicht zu glauben!“ Vielleicht hat mancher Gast damals so gedacht, obwohl es doch zu dieser Zeit ganz normal war, dass die „besseren“ Gäste sich die Ehrenplätze aussuchten.

Zunächst hört es sich noch so an, als wolle Jesus ihnen nur einen gut gemeinten Rat geben. Wer sich nicht gleich ganz vorne hinsetzt, muss auch nicht so viel Angst haben, weggeschickt zu werden. Machtstrukturen und Ellbogen­denken bestimmen damals wie heute den Alltag – besonders im besseren Teil der Gesellschaft. Viele denken zuerst an sich selbst und möchten auch möglichst weit vorne sein. Doch schon in den Worten der Ersten Lesung aus dem Buch Jesus Sirach heißt es: „Je größer du bist, desto mehr bescheide dich, dann wirst du Gnade finden bei Gott!“ (Sir 3,18).

„Demut“ und „Gnade“ ... Worte, die heutzutage und auch schon zur Zeit Jesu immer weniger Bedeutung haben und angewendet werden. Aber vielleicht waren gerade solche Worte der Grund für diese Forderungen Jesu, der eben auch sehr genau das Verhalten seiner Tisch- und Zeitgenossen beobachtet. Er schlägt eine Art „Gegenkultur“ vor, fordert eine neue Haltung, die eben nicht zuerst die eigenen Vorteile im Blick hat, sondern vor allem den anderen Menschen wohlwollend betrachtet.

Auch heute ist die Person Jesu und das, was er von seinen Zuhörern erwartet, immer noch streitbar und löst nicht nur Applaus und Zustimmung aus. Den einen gehen seine Forderungen viel zu weit, für die anderen nicht weit genug – damals wie heute. Für ihn gilt: „Nimm dich selbst nicht so wichtig“, wie es Papst Johannes XXIII. einmal formuliert hat. Wir selbst sind nicht das Maß aller Dinge, es bedarf immer eines kritischen Blickes, um nicht überheblich und stolz zu werden, sondern sich selbst noch im Spiegel anschauen zu können – vorausgesetzt, man hat einen!

Es muss uns genauso wichtig sein, nicht nur den Freunden, den Verwandten oder reichen Nachbarn unsere ganze Aufmerksamkeit zu schenken, sondern den Armen und Kranken, all denen, die sich nicht selber helfen können, die allein gelassen, fremd, traurig oder an den Rand gedrängt sind. Wenn wir anfangen, Unterschiede zu machen, wenn wir uns für „schlauer“ und „besser“ halten, die Ehrenplätze suchen und die Schwächeren auf die letzten Plätze verweisen, dann ist das nicht im Sinne Jesu.

Letztlich geht es um die Frage, ob wir bereit sind, andere Menschen, die vielleicht nicht unserem Bild oder unserem Stand entsprechen, als wertvoll und gleichwertig zu betrachten und uns nicht über sie zu erheben. Nur dann werden wir wirklich „selig sein“, denn letztlich ist es Gott, der uns unsere Lebensleistung vergilt – bei der „Auferstehung der Gerechten“ (Lk 14,14), so sagt es uns Jesus zu. Der heilige Johannes Chrysostomus, einer der größten christlichen Prediger, schreibt: „Wenn du aber einen Armen einlädst, wirst du Gott als Schuldner haben, der dich nie vergisst. Je geringer nämlich der Bruder (oder die Schwester) ist, umso mehr kommt durch ihn Christus und besucht dich. ... Wenn also der Mensch dir nichts als Dank gibt, dann wird Gott es dir dort vergelten.“

Hubert Hemmerich ist Gemeindereferent in der Pfarreiengemeinschaft Würzburg-Innenstadt-Nord.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.