Michael Ende wollte mit diesen Erzählungen nicht einfach nur Kindern eine spannende Unterhaltung bieten. Der 1929 geborene Schriftsteller hat darin auch seine Erfahrungen in der Nazi-Zeit verarbeitet. Die Drachen in Kummerland, die den kleinen sympathischen Halbdrachen Nepomuk unterdrücken, wecken Assoziationen an die Rassen-Ideologie der Nazis: Der Eintritt in die Drachenstadt ist nicht reinrassigen Drachen bei Todesstrafe verboten. Die “Pädagogik” der Drachenschule von Frau Mahlzahn ähnelt dem unbarmherzigen Drill der NS-Lager. Jim Knopf und sein Freund Lukas kämpfen mutig gegen das Böse, das ihnen begegnet. Nebenbei können sie einem Ausgestoßenen, dem Scheinriesen Herrn Tur Tur, einen Platz in der Gesellschaft, in diesem Fall in Lummerland, bieten. Jim Knopf, der kleine Neger (ja, so heißt es im Buch bis heute), ist ein Mensch von königlicher Abstammung, wie es sich am Ende der Geschichte herausstellt. Die Insel, die neben Lummerland aus dem Meer aufsteigt, ähnelt dem sagenhaften Atlantis, das für manche Nazis als Urheimat der arischen Rasse galt. Doch Jimballa, wie die neue Insel im Buch genannt wird, ist ein Platz für Kinder aller Welt und jeder Hautfarbe. Für viele in unserem Land stellt heute eine bunte, multikulturelle Gesellschaft ein absolutes Schreckensszenario dar. Da ist es gut, sich an Jim Knopf und seinen Freund Lukas zu erinnern. Ich tue es mit einem Zweizeiler: “Und die Moral von der Geschicht´? Intoleranz geht nicht!”
Peter Michaeli,
Pastoralreferent und Eheberater in Aschaffenburg
Das Kreuzwort erscheint jeden Samstag im Serviceteil der Lokalzeitung “Main Echo” und online auf der Internetseite der Region Aschaffenburg.