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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Kleine Wunder

Immer um diese Jahreszeit setzt meine Mutter ihren speziellen Walnuss-Likör an - mit den grünen, noch unreifen Nüssen. Nur: Dieses Jahr haben die Walnuss-Bäume bei uns keine Früchte angesetzt. Die Blüten sind im Frühjahr erfroren, und so ist im dichten grünen Laub keine einzige Nuss zu entdecken! Also wird es dieses Jahr keinen Walnuss-Likör geben. Nun ist das wahrlich keine Katastrophe.

Aber es macht mich nachdenklich, dass ich doch so fest damit gerechnet hatte. Wie so vieles in meinem Leben habe ich es für selbstverständlich gehalten; und dabei ist es doch Jahr für Jahr wieder ein Geschenk und ein kleines Wunder, dass die Bäume Früchte tragen! Eigentlich schade, dass mir das erst bewusst wird, wenn es mal ausfällt.

Auch mit anderen Dingen im Leben geht mir das so. Ich halte für selbstverständlich, dass Wasser aus der Wasserleitung und Strom aus der Steckdose fließt, dass die Regale im Laden gefüllt sind und dass Bus und Bahn zumindest halbwegs pünktlich und regelmäßig fahren. Es ist normal geworden, dass ich mir über das Lebensnotwendige hinaus auch einmal ein kleines „Extra" leisten kann - ein Eis, ein Konzertbesuch, ein Ausflug... Und manchmal habe ich direkt das Gefühl, ein Recht auf dies alles zu haben - schließlich habe ich ja dafür gearbeitet und zahle Steuern! Dabei ist sehr vieles davon ein Privileg. Und für sehr viele Menschen auf der Welt gar nicht normal und selbstverständlich (auch wenn sie noch so hart arbeiten). Erst recht ein Leben in Sicherheit und Gesundheit – darauf gibt es wahrhaftig keinen Rechtsanspruch, das ist schlicht ein Geschenk!

Es tut mir gut, immer wieder daran erinnert zu werden, wie viel mir einfach unverdient geschenkt ist. Es tut mir gut, auf mein Anspruchsdenken zu verzichten und bescheidener zu werden. Was brauche ich wirklich zum Leben, was macht mein Herz wirklich froh? Und was kann ich gut auch lassen? Dann kann der Kopf frei und das Herz weit werden. Ich beginne wieder zu staunen. Und dankbar zu werden - und wenn es diesmal keine Walnüsse gibt, dann doch für die Gurken, die Beeren und die Rosen. Wäre doch eine gute Sache, dies nicht nur am Erntedanktag im Herbst zu tun, sondern auch mal zwischendurch!

Dr. Ursula Silber
Rektorin im Martinushaus Aschaffenburg