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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Lebenswüsten

Welche Bilder haben Sie vor Augen, wenn Sie das Wort „Wüste“ hören? Hitze, Sandberge, ausgetrocknete Flusstäler, vegetationslose Landstriche?

Evangelium

Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Dies ist das Zeugnis des Johannes: Als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du?, bekannte er und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Messias. Sie fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst? Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. Unter den Abgesandten waren auch Pharisäer. Sie fragten Johannes: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Messias bist, nicht Elija und nicht der Prophet? Er antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Dies geschah in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte.

Johannes 1,6–8.19–28

Es ist kein Geheimnis, dass die Wüsten der Welt immer größer werden, zumindest geographisch gesehen. "Wüste" steht für Lebensfeindlichkeit und Lebensbedrohung – auch im übertragenen Sinn. Schon vor über 130 Jahren sagte Friedrich Nietzsche: "Die Wüste wächst." Und er dachte dabei nicht geographisch, sondern er meinte geistige, kulturelle, ethische, soziale, religiöse Verwüstungen.

Beschreibt Nietzsche damit nicht auch unsere gegenwärtige Situation? Zunehmende Nationalismen, religiöse Radikalisierungen, menschenverachtende Hassbotschaften in den sozialen Medien, wachsende Schere zwischen Arm und Reich, unsoziales wirtschaftliches Gewinnstreben, Fremdenfeindlichkeit, sexueller Missbrauch, Mobbing, wachsende berufliche Überforderung ... – all das sind nur einige Ursachen für "Verwüstungen" im Leben vieler Menschen unserer Zeit.

Genau in dieser Situation hören wir heute einen, der von sich sagt: "Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!" Welcher Weg kann das sein am Ende des Jahres 2017? Wo soll dieser Weg hinführen? In die "Wüsten" der Menschen? Ein Weg, der in die Wüste führt, kann schließlich auch in Gegenrichtung, aus der Wüste heraus, genutzt werden! Deshalb ist für mich klar: Der Weg, auf dem Gott kommen will, ist der Weg zu den Menschen. Und das ist nicht nur ein einziger Weg. Es kann ein ganzes Wegenetz sein, mit sehr unterschiedlichen Wegen. 

Doch zuerst will er bei mir ankommen – ist der Weg bereitet? Dann kann ich auch Wege für ihn zu den Menschen bereiten, besonders zu all jenen, die in ihren ganz persönlichen "Lebenswüsten" gefangen sind.

Soweit die "Theorie". In der Praxis fühle ich mich jedoch oft überfordert, diesen christlichen Grundauftrag zu erfüllen. Ich gerate an die Grenzen meiner Kraft, meiner Zeit und auch meines Könnens und Wollens. Dazu kommt das Gefühl, dass ich auf kritisches Hinterfragen meiner Einstellungen und Glaubenshaltung nicht immer die richtigen Worte finde und meine Antworten offensichtlich oft nicht überzeugend sind. Dann frage ich mich: Ist mein Glaube so schwach, dass er keine "Strahlkraft" hat?

Von Johannes dem Täufer wird uns heute gesagt: "Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht." Auch wenn ich mich nicht mit Johannes dem Täufer auf eine Stufe stellen will, beziehe ich diese Aussage auch auf mich und meinen christlichen Auftrag. Ich bin nicht selbst das Licht. Ich soll nur Zeugnis ablegen für das Licht. Einerseits ist das entlastend: Ich muss nicht selbst die alle überzeugende Leuchtkraft haben. Andererseits macht es mir deutlich, was meinem Leben wirklich Sinn und Richtung gibt: Zeugnis für das Licht abzulegen – da, wo ich gerade bin und so, wie ich bin, mit all meinen Stärken und Schwächen, auch im Glauben. Das ermutigt mich beim Versuch, Wege zu den Menschen zu gehen.

Und ich bin überzeugt, dass ich genauso "Wegbereiter" und "Zeuge für das Licht" im ehrlichen Wahrnehmen und Eingestehen meiner Grenzen, meines Schwachseins und meiner „Lebenswüsten“ sein kann. Da vertraue ich dann auf einen anderen großen Wegbereiter für die christliche Botschaft, den heiligen Paulus, der gesagt hat: "Wenn ich schwach bin, bin ich stark" (2 Kor 12,10).

Gabriele Michelfeit ("gabriele.michelfeit@bistum-wuerzburg.de") ist Pastoralreferentin in den Pfarreiengemeinschaften "Volk Gottes an Pleichach und Main" sowie "Fährbrück"-