Die Schredderkatze macht das sehr unproblematisch und diskret und ich mag das Geräusch, wenn sie alles genüsslich zerraspelt, was ich vor fremdem Zugriff schützen muss. Nachdem das bei mir gar nicht so oft vorkommt, ist der Eimer mit den Papierschnitzeln noch lange nicht voll, aber irgendwann ist es soweit: Dann werde ich die vielen Schnipsel entsorgen. Ich glaube, ich werde eine Collage daraus machen. Ein menschliches Gesicht vielleicht, das aus all den zerschredderten und dadurch absolut unleserlich gemachten Daten besteht. Ich könnte es „ecce homo" nennen, „Seht, den Menschen". Das ist der Ausruf, mit dem Pilatus Jesus nach der Geißelung vor die Menge gestellt haben soll. Was bleibt von uns, wenn die „personenbezogenen Daten" wegfallen? Etwa, wenn wir in Rente gehen, ins Altersheim müssen, vielleicht auch schon bei einem Sabbathjahr, längerer Krankheit oder auch einfach nur dann, wenn wir auf einer Insel mitten im Meer Urlaub machen und unsere Daten zumindest kurzfristig einmal irrelevant sind? „Shredcat" vernichtet belastbare Daten, aber nicht die Erinnerungen an die Menschen, die mir bei meinen Veranstaltungen begegnet sind, die besondere Situation, die entstanden ist, als wir gemeinsam Worte, Bilder und Klänge meditiert haben. Kein Aktenordner vernichtet das Gefühl der Verbundenheit mit allem, was lebt und atmet und keine Akte kann es festhalten. Meine Collage aus Papierschnitzeln bekommt einen Riss, der sich ausbreitet: Darunter erscheint der Mensch. Farben, Gefühle, Träume. „Alles, was bleibt, ist die Liebe, die wir geteilt haben", könnte in diesem Riss stehen. Sollten Sie auch einen Aktenvernichter haben, denken Sie mal beim nächsten „Schreddern" dran...
Eva Meder-Thünemann. Citypastoral Aschaffenburg
Das Kreuzwort erscheint jeden Samstag im Serviceteil der Lokalzeitung “Main Echo” und online auf der Internetseite der Region Aschaffenburg.