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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 27. März 2022

Miteinander reden

Es ist und bleibt eine Mär, Wünsche von den Augen eines anderen ablesen zu können. Wir müssen schon aus uns herausgehen und dies direkt ansprechen, formulieren, wessen wir bedürfen. Diesen Mut gilt es aufzubringen.

Evangelium

In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen. Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Da teilte der Vater das Vermögen unter sie auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er begann Not zu leiden. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweine­hüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon. Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner! Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße! Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern. Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederbekommen hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte seinem Vater: Siehe, so viele Jahre schon diene ich dir und nie habe ich dein Gebot übertreten; mir aber hast du nie einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet. Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber man muss doch ein Fest feiern und sich freuen; denn dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.   

Lukas 15,1–3.11–32

Dass sich Jesus mit den Sündern abgibt, bei Zöllnern einkehrt und mit Dirnen seine Zeit verbringt, stört nicht nur die Pharisäer und Schriftgelehrten damals, sondern auch viele Zeitgenossen heute: Das gehört sich doch so nicht! Diese Konfrontation mit dem Evangelium ist für die einen schmerzlich, für die anderen jedoch erfreulich und wohltuend. Diese widersprüchliche Erfahrung begegnet uns immer wieder. Und in den alltäglichen Herausforderungen werden wir in Entscheidungssituationen gedrängt und merken: Allen können wir es doch nicht recht machen!

Die Lösung, die mein Chef damals angewandt hat, möchte ich für mich nicht gelten lassen. Nach dem Motto: „Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!“, hat er dann das gemacht, was er eben wollte und bei jeder Gelegenheit seinen Willen durchgesetzt. Ich möchte mich auf den Menschen einlassen, möchte verstehen, warum der eine seine Freiheit erzwingen muss und der andere brav daheim bleiben will. Ich möchte erfahren, was das ist: umzukehren und heimzukommen; Aufnahme zu finden und geliebt zu werden. Aber auch meine Augen nicht vor denen verschließen, die sich ausgenutzt und verraten fühlen, weil sie sich für die Familie, für den Betrieb, für das Geschäft aufgeopfert haben.

Letztlich geht es doch darum, seine eigenen Gefühle, seine Wünsche und inneren Sehnsüchte kennenzulernen und anzunehmen. Um dann einen guten Weg zu finden, der aufatmen und leben lässt. Und schließlich mehr und mehr die Perspektive des „barmherzigen Vaters“ einzunehmen, der auch auf jede und jeden von uns zukommt, wenn wir diesen Weg wagen werden.

Das Manko des älteren Bruders im Gleichnis war es, dass er nie über seine Bedürfnisse mit seinem Vater gesprochen hat; dass er immer darauf gehofft hat: Er wird doch schon merken, was mir fehlt! Und das kann keiner. Es ist und bleibt eine Mär, Wünsche von den Augen eines anderen ablesen zu können. Wir müssen schon aus uns herausgehen und dies direkt ansprechen, formulieren, wessen wir bedürfen. Diesen Mut gilt es aufzubringen. Und das Vorurteil des jüngeren Bruders, so scheint es mir, ist, dass er ebenfalls nicht mit dem Vater gesprochen hat, um seinen Freiheitsdrang zu benennen: Der kann mich doch sowieso nicht verstehen! Er hatte kein Vertrauen in seinen Vater, und wollte auf eigene Faust sein Leben in die Hand nehmen. Dieses Vertrauen gilt es aber zu wagen.

Jesus, der gekonnt mit den Menschen redet, der in schönen Bildern und Gleichnissen seine Frohe Botschaft unter die Leute bringt, lehrt mich heute: Rede mehr mit den Menschen! Erkläre mehr, was du denkst, wie du fühlst, was du meinst! Du wirst sehen, dass viel mehr Verständnis beim Gegenüber da sein wird, als du es dir je hättest vorstellen können! Wenn wir diese Einsicht auf unsere neuen Pastoralen Räume übertragen wollen, dann gilt auch hier: Mehr miteinander reden. Im Gespräch den Weg miteinander zu finden, den jede und jeder mitgehen kann. Einander Offenheit und Vertrauen entgegenzubringen, bringt uns alle voran. Das wünsche ich mir für die Zukunft. Von mir. Von Dir. Und auch von denen da oben.

Nikolaus Hegler ist Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Glattbach-Johannesberg im Pastoralen Raum Aschaffenburg-Ost.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.