Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 12. Juli 2020

Nie leer – Gottes Kornkammer

So gern sich Jesus in große Ansammlungen von Menschen begibt, so oft er in ganz nahen Kontakt zu jemandem geht – er spürt auch klar seine Grenze. Wenn es ihm zu viel wird, sucht er für sich des Öfteren eine persönliche Distanz, entzieht sich der großen Masse.

Evangelium

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte. Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach. Wer Ohren hat, der höre!     

Matthäus 13,1–9

Manche Stellen in den Evangelien offenbaren uns einen Charakterzug an Jesus, den ich ganz besonders schätze und den ich als sehr tröstlich empfinde. So gern er sich in große Menschenansammlungen begibt, so oft er in ganz nahen Kontakt zu jemandem geht – er spürt auch klar seine Grenze. Wenn es ihm zu viel wird, sucht er für sich des Öfteren eine persönliche Distanz, entzieht sich der großen Masse. Davon lesen wir im Sonntagsevangelium: Jesus steigt in ein Boot, die Menschen sollen am Ufer bleiben. So hat er den nötigen Abstand, und das hilft ihm, einen Blick auf die Menge um ihn herum zu haben. Vielleicht müssten wir ein solches Verhalten auch viel öfter beherzigen.

Seit der Corona-Krise mussten wir unfreiwillig ein Gefühl dafür entwickeln, was das richtige Verhältnis ist zwischen Nähe und Distanz. Wir mussten zu unseren Mitmenschen auf Abstand gehen, ganz konkret angesichts der Gefahr einer möglichen Infektion. Social distancing hieß die neue Wortschöpfung dafür. Aber natürlich gilt das auch in einem übertragenen Sinn: Eine gewisse Distanz ist wichtig, um uns besser vor zu viel „Drumherum“ in unserem Leben zu schützen, uns nicht darin zu verlieren und uns nicht so sehr vereinnahmen zu lassen. Mit dem nötigen Abstand kann Jesus ganz in einer seiner liebsten Beschäftigungen aufgehen: dem Reden in Gleichnissen.

Betrachten wir die Saatkörner einmal als Bild für das, was uns wichtig ist in unserem Leben, für unsere Pläne und Ideen, Hoffnungen und Wünsche: Da sind wir manchmal einfach viel zu unkonzentriert, nicht achtsam genug. Unser Einsatz ist dann schlichtweg für die Katz‘. Im Bild Jesu könnten das die Vögel sein, die den Samen wegpicken. Wie gewonnen, so zerronnen, sagt ein Sprichwort.

Oder wir stecken überhastet und planlos viel zu viel Energie in etwas. Unser Vorhaben hat dabei aber keine Wurzeln, nicht genügend Erdung. In diesem Fall ist eine Motivation oder Wirkung auch mal recht schnell verpufft. Dafür stünde die Sonne, die unsere Saat versengt.

Oder wir wollen mit dem Kopf durch die Wand und akzeptieren ganz offensichtliche Widerstände nicht, bis unser Vorhaben symbolisch von Dornen erstickt wird. Das sind ganz menschliche Erfahrungen, die jeder auf die eine oder andere Weise im Leben macht.

Aber zum Glück gibt es auch den wirklich fruchtbaren Boden in uns. Da, wo uns Dinge klar werden oder schon sind, wo wir es schaffen, uns auf das Wesentliche zu besinnen. Wenn wir in unserer vollen Kraft – heutzutage wird gerne das Wort Potenzial verwendet – sind, kann unsere Saat aufgehen. Dann haben wir genügend Energie, genügend Power, ein privates oder berufliches Projekt erfolgreich anzugehen oder einen langjährigen Traum endlich Wirklichkeit werden zu lassen.

Zwei wichtige Voraussetzungen dafür sind Vertrauen und Ausdauer. Denn jede Saat braucht ihre eigene Zeit, um aufzugehen. Gut Ding will Weile haben, sagt ein Sprichwort. Das gilt für alle Pflanzen, und es gilt im übertragenen Sinn für unsere eigenen Lebensthemen. Derjenige, der alles erblühen lässt, ist der große Schöpfergott selbst. Er wirkt in uns und hat die Saat in uns schon immer angelegt. Wenn wir uns seiner Schöpferkraft ganz anvertrauen, dann braucht es kein Drama zu sein, wenn uns einmal etwas nicht gelingt im Sinne des Samens, der auf keinen guten Boden fällt. Gott hat immer genügend Samen in seinem Speicher, sät ihn mit seiner nie endenden Liebe immer wieder in uns aus. Seine Kornkammer wird niemals leer.

Susanne Wahler-Göbel ist freiberuf­liche Theologin und Körpertherapeutin in Bad Kissingen.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.