„Geheimnis des Glaubens, im Tod ist das Leben“ – dieser Refrain eines beliebten Kirchenliedes (Gotteslob 210) bringt für mich auf den Punkt, was Ostern bedeutet. Ich spüre die Spannung: Tod und Leben, wie soll das zusammen passen? Eigentlich sträubt sich da etwas in mir. Dennoch fasziniert mich dieses Wort vom Tod im Leben.
Mir treten Gespräche in der Seelsorge vor Augen, in denen Paare berichten: „Es gab Momente in meinem Leben, in denen ich dachte, jetzt ist alles aus: Ein Streit hat mit einem tiefen Riss fast die Beziehung durchtrennt. Genervt hast du eine dumme Bemerkung gemacht und damit den anderen tief verletzt. Nun stehst du vor dem Scherbenhaufen. Aber dann ist in diesem kleinen Tod des Alltags urplötzlich der Funke der Versöhnung eingebrochen. Der Riss ist nicht nur gekittet worden. Die Beziehung ist an der Auseinandersetzung gereift.“
„Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es ja allein: der eine lebt vom andern, für sich kann keiner sein“ – so schreibt Lothar Zenetti im Kirchenlied weiter. Damit deutet er Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen in den drei österlichen Tagen von Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern:
Jesus Christus geht seinen Weg der Liebe unbeirrt weiter, auch als dieser Weg ihn auf den Kreuzweg führt: Jesus steht klar vor Augen, dass ihm dieser Weg die Hingabe seines eigenen Lebens abverlangt. Er bejaht diesen Weg. So weist er auch uns den Weg ins Leben: Den Weg der Nachfolge Jesu Christi als Christin und Christ; ein Weg, der viele Tode kennt. Doch darin sind viele neue Neuanfänge verborgen – radikale Neuanfänge, bei denen es nicht einfach so weiter geht, wie zuvor.
Das Bild vom Weizenkorn für mein Leben annehmen, das heißt für mich: Immer wieder bereit sein, echte Veränderung in meinem Leben mit der Hilfe Jesu anzugehen. So kann ich mich schon in diesem Leben einüben in den letzten großen Neuanfang, der uns im Tod bevorsteht:
Radikale Verwandlung in der Auferstehung. Das Bild vom Weizenkorn, das in die Erde fällt und Frucht bringt (Joh 12,24), ist nicht nur ein Bild für Jesu Leben, Sterben und Auferstehen. Es ist auch ein Bild für unser Leben, Sterben und Auferstehen als Christinnen und Christen:
„Geheimnis des Glaubens, im Tod ist das Leben!“ – In den vielen Neuanfängen meines Lebens genau so wie in meinem leiblichen Tod am Ende meines Lebens hier auf dieser Welt. Dann wird Ostern für mich auf den Punkt kommen: „Geheimnis des Glaubens: Im Tod ist das Leben.“
Dr. Jürgen Vorndran ist Generalvikar des Bischofs von Würzburg und Domdekan am Kiliansdom
Der Impuls "Wort zum Wochenende" erscheint wöchentlich auf der Internetseite der Kirche in der Region Würzburg.