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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 3. April 2022

Typisch Mann?

Jesus legt das Gesetz Gottes so ganz anders aus. Er ermutigt die Menschen. Er geht besonders auf die Ausgestoßenen und Ausgegrenzten zu und pflegt Gemeinschaft mit ihnen. Er sucht sie kennenzulernen und anzunehmen. Er kennt sie und kann daher Verständnis für sie und ihre Situation entwickeln.

Evangelium

In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du? Mit diesen Worten wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie das gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

Johannes 8,1–11

Der Eröffnungsvers (Psalm 43,1–2) zum fünften Fastensonntag (Judica) lautet: „Verschaff mir Recht, Gott, / und führe meinen Rechtsstreit gegen ein treuloses Volk! / Rette mich vor den bösen und tückischen Menschen! / Denn du bist der Gott meiner Zuflucht.”

Es kommt mir vor, als ob Gott in Jesus selbst der Frau im Evangelium zur Seite springt. Gott will ihr Zuflucht vor den bösen und tückischen Männern bieten. Denn die Auseinandersetzung, in die der Herr von ihnen gedrängt wird, ist heimtückisch. Es geht den noblen Herren, Schriftgelehrten und Pharisäern nicht darum, dass der Frau Recht verschafft wird, sondern lediglich darum, Jesus eine Falle zu stellen: Sie wollen ihn anklagen. Sie wollen ihn verurteilen. Mit dem Gesetz des Herrn, das Mose ihnen gegeben hat, wollen sie den Gerechten Gottes in den Tod stürzen. Und dazu benutzen sie die Frau im Evangelium.

Jesus legt das Gesetz Gottes so ganz anders aus. Er ermutigt die Menschen. Er geht besonders auf die Ausgestoßenen und Ausgegrenzten zu und pflegt Gemeinschaft mit ihnen. Er sucht sie kennenzulernen und anzunehmen. Er kennt sie und kann daher Verständnis für sie und ihre Situation entwickeln. Den Verletzten und Verwundeten schenkt er seine Empathie und bietet ihnen seine Freundschaft an. Und immer wieder feiert er mit ihnen diese Freundschaft, die Nähe zueinander, die Gemeinschaft miteinander.

Da wird also – wie an allen anderen Sonn- und Feiertagen auch! – in den römisch-katholischen Kirchen das Evangelium, das auf einen Mann zurückgeht (Matthäus, Markus, Lukas, Johannes), von einem Diakon oder vom Priester selbst (beides Männer!) der versammelten Gemeinde vorgetragen. Es geht an diesem besagten Judica-Sonntag (= Verschaffe mir Recht!) um das Recht, das einer Frau widerfahren soll, die bereits als Sünderin entlarvt ist, denn sie hat die Ehe gebrochen.

Je mehr ich darüber nachdenke, umso einseitiger und männerlastiger wird diese Geschichte. Als ob eine Frau alleine die Ehe brechen könnte, wird auch in der Frohen Botschaft die Frau alleine zur Verantwortung gezogen. Und in unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft zerreißen wir Männer uns immer noch den Mund darüber, wie Frauen zu leben haben, wie sie ihre Sexualität gestalten sollen und wie sie dann – wenn es wieder einmal schiefgegangen ist! – gefälligst auch die Folgen ihres Treibens selbst und alleine auszutragen haben.

Mir geht es heute nicht darum, mich über die Paragraphen 218 und 219 und andere auszulassen, sondern mir geht es darum, dass wir erkennen, wie sich Jesus in einer sehr zugespitzten Situation verhalten hat. Dies kann auch für uns ein möglicher Weg aus vielen Spitzfindigkeiten unserer Tage sein. Zunächst einmal lässt sich Jesus nicht von seinen Herausforderern reizen. Er springt nicht sofort darauf an, sondern er verschafft sich zunächst einmal Zeit. Zeit zum Nachdenken. Zeit, um von der ersten Aggression abzulassen. Zeit, um besonnen und klug antworten zu können. Und als sie hartnäckig auf eine Antwort von ihm bestehen, kann er ihnen dann auch weise erwidern: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie“ (Johannes 8,7b).

Als Papst Franziskus 2013, vom Weltjugendtag in Brasilien kommend, heimflog, antwortete er Journalisten, die ihn auf einen Homosexuellen ansprachen: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“ Er zeigt mir so, dass es nicht darum geht, andere zu beurteilen und zu verurteilen, sondern immer nur darum, einander kennenzulernen, um einander besser zu verstehen.

Nikolaus Hegler ist Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Glattbach-Johannesberg im Pastoralen Raum Aschaffenburg-Ost.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.