Als Alltägliches plötzlich nicht mehr möglich war, tauchte vielleicht die Frage auf, was wir denn wirklich vermissen. Möglicherweise erkannten wir, dass wir ganz gut auf einiges verzichten können, obwohl es uns vorher wichtig erschien. Anderes wiederum fehlte uns sehr und das wurde erst so richtig bewusst, als wir es über Wochen nicht hatten: Was genau Sie vermisst haben, wissen Sie selbst am besten. Verschieden wie wir sind, haben wir da wohl auch unterschiedlich empfunden.
Als der Reichstag wieder enthüllt wurde, sahen viele Menschen dieses Gebäude mit anderen Augen. Sogar so etwas Materielles wirkte anders, als für eine gewisse Zeit nur die Konturen zu sehen waren.
Ich finde es wichtig, dass wir uns bewusst machen, welchen hohen Wert manche Dinge für uns haben. Gerade, wenn wir eine Zeit lang auf etwas verzichten, lernen wir es neu schätzen und vielleicht werden wir auch dankbarer, wenn wir es wieder haben.
Jetzt wird in unserem Alltag wieder "enthüllt", geöffnet, gelockert.
Bei diesen Schritten in Richtung "Normalität" möchte ich genau hinschauen und hineinfühlen. Will ich alles wieder so haben wie vorher? Was möchte ich verändern? Was genau habe ich vermisst und was ist der tiefere Sinn davon?
Laut Evangelium hat Jesus am Beginn seiner Predigttätigkeit gesagt "Erneuert euer Denken!" Ich verstehe das als Einladung, zuweilen den Blickwinkel zu ändern, Gewohnheiten zu hinterfragen und ausgetretene Pfade zu verlassen. Vor allem dann, wenn es unserem Wohl und dem Wohl der Gemeinschaft dient. Ich glaube, Gott geht mit auf solchen neuen Wegen.
Brigitte Glaab, alt-katholische Priesterin, Aschaffenburg
Das Kreuzwort erscheint jeden Samstag im Serviceteil der Lokalzeitung “Main Echo” und online auf der Internetseite der Region Aschaffenburg.