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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Was Seele und Welt verändert

Was ist das mit den Tagen, an denen nichts funktioniert? Nächte, in denen wir schlaflos liegen, weil uns Sorgen plagen?

Wort zum Sonntag am 2. Dezember 2018

Evangelium

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit. Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen. Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.

Lukas 21,25–28.34–36

In einem Fantasy-Roman, den ich vor einiger Zeit gelesen habe, wird ein Tunnel in einen Berg geschlagen, um eine neue, schnellere ICE-Strecke zu erhalten. Obwohl alle möglichen Wahrsager und Schamanen davor warnen, diesen besonderen Berg „zu stören“, wird das Vorhaben eilig vorangetrieben. Bei der Jungfernfahrt des ersten Zuges durch den Tunnel geschieht es dann: Der in seiner Ruhe gestörte Kraftplatz explodiert förmlich, das Ende der Welt steht unmittelbar bevor. Ein Häufchen übrig gebliebener Magier versucht, durch Zauberrituale die Erde in letzter Minute zu retten. Ob es ihnen gelingt, bleibt offen. Ich als Leserin bleibe entsetzt zurück und muss mich zwingen, in die sichere Realität zurückzufinden. Wollte der Autor seine Leser verstören, irritieren, aufrütteln?

Die gleiche Frage stellt sich beim Lesen des Evangeliums. Anders als im Roman bleibt am Ende jedoch nicht die Verstörung, sondern die Aufforderung: „Richtet Euch auf und hebt Eure Häupter, denn Eure Erlösung ist nahe.“ Vor meinem geistigen Auge erscheinen die Schamanen aus dem Fantasy-Roman, sie triumphieren am Ende, schaffen vielleicht sogar eine neue Erde mit ihrem Trommeln und ihren Gesängen. Legt uns das Evangelium eine solche Macht in die Hand?

Jesus jedenfalls mahnt und bittet, sich nicht mit Alltäglichem aufzuhalten, wenn doch das Ende naht – die Erlösung für diejenigen, die nicht geschlafen haben, sondern wach geblieben sind. Verstörend für uns, die wir gefangen sind in einer Art Endlosschleife von Weltuntergangsszenarien, die heute in den Zeiten des Klimawandels alles andere als fromme Spinnereien zu sein scheinen; diese Menschheit, zu der wir gehören, die bereits Ausschau hält nach Planeten, auf die wir flüchten könnten, mitgefangen, mitgehangen mit denen, die wie im Roman unsere Welt der vordergründigen Profitgier opfern. Die Bibel wusste es schon immer, so scheint es. Doch was hilft uns das? „Wachen und Beten“empfiehlt das Evangelium, aber kann uns das noch retten? Und sind wir mal ehrlich: Es lebt sich doch gar nicht so schlecht auf dieser geschundenen Erde. Der Ruf nach Umkehr zieht sich doch schon durch Jahrtausende, wer immer nur wacht und betet, verpasst den Anschluss und macht sich lächerlich. Wachen und Beten, das ist was für Nonnen und Mönche, die können sich das vielleicht erlauben. Wir anderen müssen funktionieren.

Doch wie ist das mit den Tagen, an denen nichts funktioniert? Nächte, in denen wir schlaflos liegen, weil uns Sorgen plagen? Solche Nächte, die kennen wir doch alle. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Nächte oft nicht sinnlos waren. Dass mit dem Morgenlicht durch die Qualen der Nacht auch neue Perspektiven aufschienen. Konstantin Wecker singt davon in einem Lied: „Das sind die großen Nächte, halte fest, die Stunden, die uns so gefährden, wo dir die Seele sagen lässt: Du musst ein andrer werden.“

Ich glaube, damit kommt das Evangelium auf den Punkt: Das Wachen und Beten verändert die Seele. Verändert auch die Welt. Es müssen nicht trommelnde Schamanen sein. Einfache Menschen, die sich mit wachem Blick und erhobenen Häuptern den Fragen der Zeit stellen, sind es, die uns alle erlösen werden. Richtet Euch auf.

Eva Meder-Thünemann arbeitet als Gemeindereferentin in der Citypastoral Aschaffenburg.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.