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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken zum Evanglium – Zweiter Sonntag der Osterzeit

Wunden mit anderen teilen

Wunden entstehen durch Verletzungen, die durch andere oder selbst herbeigeführt wurden und sind so unterschiedlich wie das Leben.

Evangelium

Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten. Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.    

Johannes 20,19–31

Wollen Sie mal sehen? Schneller als ich antworten kann, hebt die Patientin die Bettdecke hoch und zeigt mir ihre OP-Narbe. Abgeklebt, aber die Größe des Pflasters lässt mehr als die vorherigen Erzählungen erahnen, wie schwer die Operation gewesen sein muss.

Auch wenn ich als Klinikseelsorgerin schon viele Verletzungen und Narben gesehen habe, ist der Moment, in dem ein Patient seine Wunden nicht nur verbal, sondern auch real mit mir teilt, immer sehr berührend. Das Zeigen der Wunden ist oft damit verbunden, noch einmal zu unterstreichen, wie schwer die Operation war, wie groß die Verletzung ist, manchmal auch mit Stolz: Das habe ich überstanden!

Wollen Sie sehen? Dies ist in der Regel keine Frage, sondern eine Bitte: Schauen Sie hin! Sehen Sie mich genau da an! Ich bewundere Menschen, die keinerlei Hemmungen haben, ihre Wunden, ihr Verwundetsein mit mir zu teilen. Auch Jesus hat in der Begegnung mit Thomas scheinbar keine Probleme, seine Wunden zu zeigen, mehr noch, er lässt seine Wunden sogar noch berühren und Thomas erkennt Jesus an seinen Wunden.

Wunden entstehen durch Verletzungen, die durch andere oder selbst herbeigeführt wurden und sind so unterschiedlich wie das Leben: Da gibt es die körperlichen, aber oft noch viel mehr die psychischen: Streit, Grenzüberschreitungen, Diskriminierung, um nur einige zu nennen. Gerade weil letztere unsichtbar sind, braucht es oft sehr viel Mut, diese zu teilen.

Doch Wunden erzählen mehr, sie sind einmalig und öffnen einen Blick in unser Innerstes. Nicht ohne Grund überlegen wir sehr genau, mit wem wir unser Verwundetsein teilen. Wo dies möglich ist, eröffnet es eine neue Dimension, ein neues Erkennen meiner selbst und oft auch meines Gegenübers. Auch wenn Wunden mein Aussehen verändern und oft Jahre später noch zu sehen sind, ist durch den wohlwollenden Blick auf die Verwundung erst eine Annahme möglich. Wo dies möglich ist, entsteht tiefe Begegnung und kann Heilung geschehen.

Wir glauben an einen Gott, der sich als verwundeter Mensch und durch menschliche Wunden zeigt. Wir glauben an einen Gott, die uns dadurch ermutigt, auch zu unseren eigenen Verwundungen zu stehen. Wo dies möglich ist, geschieht Auferstehung, kann der Friede des Auferstandenen in uns Raum nehmen und neues Leben entstehen.

Zeit
braucht sie, die Wunde;
Zeit und Zärtlichkeit,
um zu heilen.
Das verdorrte Gras braucht Zeit
und die behutsame Hand
des Gärtners.
Auch die Bäume werden erst im
Frühling wieder grün.
Doch dann – erst zögernd zwar –
schmilzt der Schnee
unaufhaltsam.

Hilde Domin

Gemeindereferentin Monika Oestemer („monika.oestemer@bistum-wuerzburg.de“)
arbeitet unter anderem als Klinikseelsorgerin in der Klinik Kitzinger Land.