Ich bin ein großer Fan des Fantasy-Genres, ob in Literatur, Filmen oder Spielen, und finde es großartig, welche wundervollen Welten, Wesen und Geschichten da zwischen den Seiten, auf der Leinwand oder dem Spielbrett entfaltet werden. Viele dieser Welten haben sogar eigene fiktionale Religionssysteme – so auch das analoge Abenteuer-Rollenspiel Pathfinder, das in meinem Freundeskreis immer wieder aus dem Regal geholt wird.
Im polytheistischen Pantheon der Pathfinder-Welt gibt es eine Gottheit, die ich besonders interessant finde, weil sie vielleicht so ist, wie manche oder mancher sich eine Gottheit auch in Wirklichkeit wünschen würde: Cayden Cailean, Gott der Freiheit, des Mutes und des Alkohols. Er wird dargestellt als ein Mensch aus einfachen Verhältnissen, der durch einige unwahrscheinlich glückliche Fügungen in den Götterhimmel aufgestiegen ist. Seinen Werten blieb er hier wie dort treu: Frech und freundlich zugleich setzt er sich für gerechte Anliegen, gute Gesellschaft (vor allem im Wirtshaus) und die persönliche Freiheit ein, ermutigt Schüchterne, stellt sich an die Seite von Außenseitern und tritt ein gegen Boshaftigkeit, Sklaverei und auch starre, erdrückende Regeln oder Gesetze. Nicht zuletzt hat Cayden Cailean eine große Begeisterung für den Genuss von Alkohol und Komfort. Alles in allem eine ziemlich sympathische Gottheit – ein Stück weit einer von „uns“.
Vielleicht finde ich Cayden Cailean auch deshalb so spannend, weil er mich in mancherlei Hinsicht an Jesus Christus erinnert:
Auch Jesus wurde an Weihnachten in ganz einfache Verhältnisse hinein geboren, und sein Wirken war geprägt vom durchaus auch mal frechen Einsatz für diejenigen, die in der Gesellschaft seiner Zeit einen schwierigen Stand hatten: Frauen, Kinder, Schwerkranke, Prostituierte. Anders als Cayden Cailean wandte Jesus sich auch manchen gar nicht sooo anständigen Leuten liebevoll zu – etwa Zöllnern, die ihre Machtposition ausnutzten, um andere zu betrügen.
Auch Jesus setzte sich kritisch mit der restriktiven, teilweise unterdrückerischen Handhabung religiöser Regeln auseinander.
Selbst geselligen Stunden bei Wein und Speisen scheint Jesus nicht abgeneigt gewesen zu sein – nach biblischer Überlieferung wurde er von seinen Kritikern als Fresser und Weinsäufer beschimpft.
Für mich – als Christ natürlich nicht ganz unvoreingenommen – ist Jesus Christus deshalb einfach eine sympathische Gottheit, ein Stück weit einer von uns, und einer, der sich für die einsetzt, die es dringend brauchen.
Johannes Bindner ist evangelischer Gemeindereferent in Veitshöchheim und im Raum Würzburg-Nordost.