Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken zum Sonntagsevangelium – 30. Sonntag im Jahreskreis

Das Übel des Vergleichens

Am Ende des Evangeliums findet sich die klare Ansage Jesu, Selbst­erhöhung führe zur Erniedrigung.

Evangelium

In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Gleichnis: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.    
Lukas 18,9–14

Der Pharisäer im Evangelium benötigt, um seine Beziehung mit Gott zu gestalten, den Vergleich mit einem Zöllner: Gott, danke, dass ich nicht wie der Zöllner bin. Um die gesellschaftliche Position beider sichtbar zu machen, schreibt Lukas: „Der Pharisäer stellte sich hin ...“ – „Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen ...“

Lukas leitet diese Szene mit dem Satz ein: „Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachte-ten, erzählte Jesus dieses Gleichnis.“

Wenn es diesen ersten Satz nicht geben würde, könnte ich die folgende Erzählung so deuten: Hierarchisch mächtige und an religiösen Ritualen hängende Personen, die sich mit anderen vergleichen und ihre Position innerhalb eines religiösen Rankings festlegen, neigen zur Selbsterhöhung und Selbstüberschätzung – und werden erniedrigt.

Zugegeben, mit dieser Erkenntnis hätte ich mich gerne auseinandergesetzt. Doch nun bleibe ich an diesem ersten Satz hängen und frage mich, ob ich selbst zu diesen „einigen“ gehöre, denen Jesus das Gleichnis erzählt. Zu denen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt sind und – das kommt noch hinzu – andere verachten.

Wie entsteht dieses Verachten der anderen? Zwei Gedanken: Gerechtigkeit wird zur Selbstgerechtigkeit, wenn der Mensch keine gesellschaftlichen, demokratischen und religiösen Regularien zur Korrektur des eigenen Verhaltens in Anspruch nimmt. Der Zöllner ist offen für Korrektur. Sein Erkennen lässt ihn hinten stehen und den Satz sagen: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“

Werden korrigierende Faktoren dagegen ignoriert, wird das eigene Ich zum höchsten Bewertungsmaßstab, dann bleibt für jene, die diesem Ich nicht entsprechen, somit für alle, nur Verachtung. Andere werden zu einem Unwert.

Zweiter Gedanke: Aus Angst davor, dass die eigene Person von irgend­jemandem irgendwie in Frage gestellt werden könnte, nehmen Menschen Verhaltensweisen an, die ein Nichtbeachten anderer mit einschließen. Dann muss über andere geurteilt, gelästert werden, um die eigene Poleposition zu verteidigen. Die Abwehrhaltung führt zum Abstempeln und Verachten.

Am Ende des Evangeliums findet sich die klare Ansage Jesu, Selbst­erhöhung führe zur Erniedrigung. Warum? Vor was oder vor wem entfernt sich der Mensch? Wer sich als „das Richtige“ sieht, wer andere abstempelt, zerstört Beziehungen und entfernt sich von dem Auftrag Jesu, füreinander Bruder und Schwester zu sein. Wer sich nur im Vergleich vor Gott erleben kann, der ist weit entfernt von der Erfahrung eines nahen Gottes. Einem Gott, der einem buchstäblich die Haare auf dem Kopf zählt.

Ulrike Steinhoff („ulrike.steinhoff@bistum-wuerzburg.de“) ist Fachangestellte
für Medien- und Informationsdienste in Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg.