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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken zum Sonntagsevangelium – 26. Sonntag im Jahreskreis

Der überwundene Graben

Gott hätte auch sagen können: „Und erfindet um meinetwillen nicht dauernd Regeln, von denen ihr zugleich behauptet, sie seien von mir.“

Evangelium

In jener Zeit sprach Jesus zu den Pharisäern: Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Es geschah aber: Der Arme starb und wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von Weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus; er soll die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer. Abraham erwiderte: Mein Kind, erinnere dich daran, dass du schon zu Lebzeiten deine Wohltaten erhalten hast, Lazarus dagegen nur Schlechtes. Jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest große Qual. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, aber wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.    
Lukas 16,19–31

Es ist natürlich nur eine Geschichte, die uns Lukas hier bietet. Und irgendwie meine ich, dass sie noch nicht ganz fertig erzählt ist. Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass Gott und nicht Abraham das letzte Wort haben wird.

Erstmal ist ja alles so, wie es unserer Erwartung entspricht: Der reiche Mann ist da, wo er scheinbar hingehört, in der Unterwelt. Der arme Lazarus hingegen wird nach dem Tod belohnt und darf bei Abraham sein. Und jetzt dieses jämmerliche Verhandeln des Reichen mit Abraham: wenigstens ein bisschen Wasser, vielleicht Erbarmen mit der Familie, eine Warnung, ein Hinweis, dass sie nicht auch in der Unterwelt qualvoll leiden müssen. Typisch reich, könnte man zunächst meinen.

Einen Haufen Regeln präsentiert Abraham dem Reichen (und uns?): Wenn es dir zu Lebzeiten gut ergangen ist, hast du später Pech und musst leiden. Ging‘s dir schlecht, wirst du bei mir nach dem Tod getröstet und darfst auf meinem Schoß sitzen. Es gibt Gräben zwischen den Guten und den Bösen, und die sind unüberwindbar. Wir haben euch oft genug gesagt, dass ihr euch ändern sollt. Da nützt es auch nichts, wenn einer von den Toten aufersteht.

Das Evangelium dieses Sonntags könnte allerdings noch weiter­erzählt werden (ich weiß, dass Lukas das besser könnte und mit höherer Autorität als ich):

Da schaltete sich Gott in das Gespräch ein. Er hatte genug von all den Regeln und Klarheiten und erfüllten Erwartungen: „Als erstes reißen wir jetzt mal diese unüberwindbaren Gräben ein, damit ihr miteinander reden könnt und der Reiche Wasser trinken kann. Und dann muss euch klar sein, dass ich als Gott die ganze Angelegenheit auch anders beurteilen kann. Ich freue mich, dass sich der Reiche offensichtlich für seine Familie einsetzt, und zwar nicht nur nach dem Tod. Ich bin ganz begeistert von den rauschenden Festen, die da gefeiert wurden, und schick haben die sich auch gemacht. Mein Sohn Jesus feiert ebenfalls tolle Feste. Dass der Reiche den Lazarus nicht eingeladen hat, finde ich nicht in Ordnung, aber das kann er ab sofort nachholen.

Er kann auch lernen, seinen Besitz zu teilen. Er kriegt wieder eine Chance, und meinetwegen muss das auch nicht die letzte sein. Für mich ist das möglich. Ich kann sogar Tote auferwecken. Ich will mich nicht mit vermeintlichen Endgültigkeiten zufrieden geben. Geh bitte jetzt über den Graben und hol den Reichen aus der Unterwelt und feiert gemeinsam ein großes Fest! Und erfindet um meinetwillen nicht dauernd Regeln, von denen ihr zugleich behauptet, sie seien von mir.“

Es ist natürlich nur eine Geschichte, die ich hier anbiete. Und sie ist sicher noch nicht zu Ende erzählt. Was würde Ihnen noch einfallen, wie Gott seine Größe, sein über­raschendes Wesen, seine Allmacht uns über den Tod hinaus zeigen könnte, jenseits unserer eingefahrenen Erwartungen und Regeln?

Christian Hohm („christian.hohm@bistum-wuerzburg.de“) ist Seelsorger am Universitätsklinikum Würzburg.