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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Fülle finden – ein Geschenk

Wenn wir heute das Evangelium lesen – kurz nach der Weihnachtszeit, in der es ja um die Menschwerdung Gottes geht –, dann wird hier eine ganz neue Dimension der Menschwerdung, die Jesus ver­kündet, sichtbar: Ich will, dass sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Evangelium

In jener Zeit fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen. Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut! Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungssitte der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter. Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist! Sie brachten es ihm. Dieser kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt. So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn.    

Johannes 2,1–11

Das Erste, was auffällt, ist dieser prägnante Satz in der Erzählung von der Hochzeit in Kana. In einem Familiensystem sagt die Mutter zum Sohn: „Sie haben keinen Wein mehr!“

Das ist eigentlich nur eine Aussage. Wahrscheinlich kommt es noch darauf an, mit welcher Betonung der Satz von Maria zu Jesus gesprochen wurde. Eltern oder Ehepaare können da ein Lied davon singen. Meine Kinder würden sagen: Das ist so was wie ein stummer Impuls, als würde Opa auf die Kaffeekanne zeigen und kein Wort sagen, und alle würden wissen, er möchte gerne noch einen Kaffee trinken. Auch hier bei Maria klingt das so, als wäre klar, was sie von Jesus erwartet. Tu doch was!

Aber von Jesus kommt die kalte Reaktion: Was willst Du? Jetzt noch nicht! Maria umschifft das Ganze und gibt die Anweisung: Was er euch sagt, das tut! Auch das kennen wir aus Familiensystemen. Jemand traut dem anderen / der anderen mehr zu, als er oder sie selbst weiß, kennt oder vielleicht auch bei sich wahrnimmt. Scheinbar ahnt Maria etwas von dem, was kommen wird, und hält sich nicht bei der schroffen Abweisung auf, sondern ebnet für die Beteiligten einen Weg.

Der Evangelist Johannes erzählt von dieser besonderen Feier nicht, um das Familiensystem zwischen Maria und Jesus zu klären, nicht, weil es ein besonderes Brautpaar war, das zu seiner Hochzeit zu wenig Wein bestellt hatte, und auch nicht, um die Unmengen von Wein (zirka 600 Liter) zu demonstrieren, die man für eine Hochzeit braucht.

Johannes erzählt – so wie das ganze Johannes-Evangelium aufgebaut ist – diese Begegnung bei der Hochzeit von Kana, um auf die Herrlichkeit Gottes, die Größe Gottes, die Herrlichkeit Jesu hinzuweisen. Im Vers 11 heißt es: „So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit.“ Diese Menge Wein, um die es in Kana geht, ist auch schon ein Zeichen für das „Leben in Fülle“, das Jesus verheißt (Joh 10,10).

Wenn wir heute das Evangelium lesen – kurz nach der Weihnachtszeit, in der es ja um die Menschwerdung Gottes geht –, dann wird hier eine ganz neue Dimension der Menschwerdung, die Jesus ver­kündet, sichtbar: Ich will, dass sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Das heißt doch, dass es im Glauben, in der Verkündigung, im kirchlichen Leben, in der Glaubensweitergabe immer um die Fülle des Lebens geht. Wer sich auf Jesus beruft, wer in seinem Namen spricht, wer für ihn als Christ unterwegs ist, dem muss es um die Fülle des Lebens der Menschen gehen. Und wer diese Fülle, diese Weite des Lebens behindert, wer im Glauben nur Enge sieht und Abgrenzung, der oder die kann sich eigentlich nicht auf Jesus berufen. Das gilt für alle in der ganz konkreten Glaubensweitergabe in der Predigt, in der Katechese oder dem Unterricht und auch in einem Familiensystem.

Es geht darum, zu ermöglichen, die Fülle des Lebens zu erleben, zu erfahren. Vielleicht braucht es dazu heute die Haltung von Maria, um zu erahnen: Im Vertrauen auf Jesus geht da noch was, weil er uns die Fülle des Lebens zugesagt hat. Wie wäre es, wenn das die Haltung wäre, mit der wir in unseren Familiensystemen miteinander umzugehen lernen?

Natürlich ist die Fülle des Lebens nicht immer das Gleiche für jeden. Für das Hochzeitspaar waren es die 600 Liter Wein. Für unser pubertierendes Kind ist es vielleicht die Möglichkeit, sich an uns zu wenden, wenn es Fragen hat. Für meine pflegebedürftige Mutter ist es die Zeit, die ich für sie aufwende. Wie toll: herrliches und pralles Leben.

Walter Lang („walter. lang@bistum-wuerzburg.de“) ist Ehe- und Familienseelsorger sowie Diözesanbeauftragter für die Internetseelsorge.