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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken zur Schriftlesung – 29. Sonntag im Jahreskreis

"Haben Sie Erbarmen!"

Paulus fordert seinen Schüler Timotheus auf, das Wort Gottes zu verkünden – egal, ob die Leute es hören wollen oder nicht. Bischöfin Mariann Edgar Budde hat erlebt, was das bedeutet, als sie Donald Trump ins Gewissen gepredigt hat.

Evangelium

In jener Zeit sagte Jesus seinen Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten: In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Widersacher! Und er wollte lange Zeit nicht. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; weil mich diese Witwe aber nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. Der Herr aber sprach: Hört, was der ungerechte Richter sagt! Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?

Lukasevangelium 18,1–8

Ihre Worte gingen um die Welt. Am Abend des 21. Januar waren sie auf allen Nachrichtenkanälen zu hören. Die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde aus Washington D.C. predigte in der Washington National Cathedral und sprach US-Präsident Donald Trump direkt an, der ein paar Meter vor ihr in der Kirchenbank saß. Es war der Gottesdienst zu seiner Amtseinführung, er war mit Familienangehörigen und Vizepräsident JD Vance gekommen.

Budde bat Trump: "Im Namen unseres Gottes: Haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben. Es gibt schwule, lesbische und transsexuelle Kinder in demokratischen, republikanischen und unabhängigen Familien, von denen einige um ihr Leben fürchten." Sie erinnerte ihn an die Migranten mit ihren oft gering bezahlten Jobs: "Die große Mehrheit der Einwanderer sind keine Kriminellen. Sie zahlen Steuern und sind gute Nachbarn." Vielen droht nun die Abschiebung. "Haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unseren Gemeinden, deren Kinder Angst haben, dass ihnen ihre Eltern weggenommen werden", sagte Budde. Trump solle den Geflüchteten stattdessen helfen, Mitgefühl und Aufnahme zu finden: "Denn wir alle waren einst Fremde in diesem Land."

Schon am 20. Januar, dem ersten Tag seiner zweiten Amtszeit, hatte Trump zahlreiche Dekrete unterzeichnet. Er begann umzusetzen, was er im Wahlkampf angekündigt hatte: eine harte Migrationspolitik mit sofortigen Massenabschiebungen, auch von Menschen mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht und sogar US-Staatsbürgern, die Rücknahme von Rechten queerer Menschen, Kürzungen im Gesundheitswesen und in der Entwicklungshilfe.

Bischöfin Budde erklärte später, sie habe zunächst nicht vorgehabt, eine kritische Predigt zu halten. Sie habe aber den ganzen Tag über die Amtseinführung verfolgt. Statt die Bevölkerung nach einem scharf geführten Wahlkampf zu einen, habe Trump Fake News verbreitet und eine Spaltung vorangetrieben: "Da habe ich gewusst, dass ich nicht nichts sagen kann."

Das erinnert an die Aufforderung des Apostels Paulus an seinen Schüler Timotheus in der zweiten Lesung an diesem Sonntag: "Ich beschwöre dich bei Gott und bei Christus Jesus, dem kommenden Richter der Lebenden und der Toten, bei seinem Erscheinen und bei seinem Reich: Verkünde das Wort, tritt auf, ob gelegen oder ungelegen, überführe, weise zurecht, ermahne, in aller Geduld und Belehrung!" (2. Timotheusbrief 4,1–2)

"Meine Worte waren nicht willkommen"

Buddes Predigt kam ungelegen. Im Interview mit "Die Zeit" erzählte sie, wie sie sich an den Blick des US-Präsidenten und an die Atmosphäre im Raum erinnerte: "Ich wusste in dem Moment: Meine Worte waren nicht willkommen. Nicht hier. Nicht in diesem Kreis." Einige Tage nach ihrer Rede bedankte sie sich auf ihrer Facebook-Seite für die überwältigende Unterstützung, die sie erhalten hatte. In dem Video steht sie vor gestapelten Postkisten, voll mit Briefen. "Die Reaktionen waren stark", sagt sie im Zeit-Interview. "Viele Menschen fühlten sich gehört, gesehen."

Dieser Eindruck entstand auch ein Vierteljahr später. Da wurde Budde beim evangelischen Kirchentag in Hannover mit langanhaltendem Beifall begrüßt. Sie habe dem mächtigsten Mann der Welt einfach ins Gesicht gepredigt und angesichts dieser Macht einen anderen Ton angeschlagen, sagte Moderatorin Elisabeth von Thadden: "Seither ist das Wort mercy (Erbarmen) zurück in unserem Wortschatz und es spricht sich herum."

Aus rechten Kreisen erhält die Bischöfin Ablehnung, Hass und Drohungen. Falschmeldungen würden über sie verbreitet, berichtete sie im Zeit-Interview: "Das ist nicht leicht auszuhalten. Aber ich lasse mich davon nicht bestimmen." Präsident Trump forderte von ihr eine Entschuldigung. In seinem Netzwerk Truth Social schrieb er: "Die sogenannte Bischöfin … war eine radikal linke Hardlinerin und Trump-Hasserin. … Abgesehen von ihren unangemessenen Aussagen war der Gottesdienst sehr langweilig und uninspirierend. Sie ist nicht sehr gut in ihrem Job!"

Budde lässt sich nicht beirren. Auf dem Kirchentag sagte sie, dass der wertvollste Beitrag der Christen "in dieser schwierigen Zeit" darin bestehe, "an die gottgegebene Würde eines jeden menschlichen Wesens zu erinnern". Aber was, wenn man dann den Mächtigen dieser Welt widersprechen muss? In ihrer Rede erinnerte Budde an die biblischen Propheten: "Die stärkste, klarste und beständigste Botschaft all jener, die von Gott sprechen und durch die Gott spricht, ist: Fürchte dich nicht, ich bin mit dir."

Und so stand sie da nicht als eine, die sich von einem wohlgesonnenen Publikum bestärken lassen will – auch wenn man ihr ansah, dass sie für dessen Unterstützung dankbar war. Ihre Worte sollten die Zuhörerinnen und Zuhörer bestärken. Der Auftrag von Christen sei es eben, zu bezeugen, was wir wissen, und davon zu sprechen, was wir gesehen haben, sagte Budde. Das erfordert Mut. Und Mut, erklärte sie im Zeit-Interview, "ist nicht die Abwesenheit von Angst. Es ist die Entscheidung, trotz dieser Angst zu sprechen."

Barbara Dreiling