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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken zum Evangelium - 28. Sonntag im Jahreskreis

Naaman und das Jordanwasser

Die erste Lesung dieses Sonntags ist ein Ausschnitt aus der Geschichte von der Heilung Naamans. Sie ist es wert, ganz erzählt zu werden, denn sie ist vielschichtig. Hoffnung, Zweifel, Dank und Gier kommen vor – und all das gibt es auch heute noch.

Evangelium

Es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!

Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah: Während sie hingingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samariter.

Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.

Lukasevangelium 17,11–19

Naaman ist ein Feind Israels. Er hat als führender Feldherr des aramäischen Königs maßgeblich dazu beigetragen, Israel zu besiegen, zu unterwerfen und brauchbare Israeliten zu verschleppen. Auch ganz persönlich hat er daraus Nutzen gezogen: Seine Frau hat ein junges jüdisches Mädchen zur Sklavin bekommen.

Allerdings hat Naaman ein Problem: eine böse Hautkrankheit – vermutlich nicht Lepra, aber etwas anderes Fieses. Keiner konnte ihm bislang helfen, doch dann gibt ausgerechnet die jüdische Sklavin einen Tipp: „Wäre mein Herr doch bei dem Propheten in Samaria! Er würde seinen Aussatz heilen.“ (2 Könige 5,3)

Egal, ob es reine Verzweiflung ist oder heimlicher Respekt vor dem besiegten Volk und seiner Religion: Naaman erbittet die Erlaubnis seines Königs, es zu versuchen, packt einige Schätze ein – Gesundheit kostet eben – und zieht hoffnungsvoll los. Erst zum besiegten König Israels, doch der ist überfordert. „Bin ich denn ein Gott, der töten und zum Leben erwecken kann?“, fragt er und vermutet sogar böse Absicht hinter der Bitte: dass nämlich der alte Feind „nur Streit mit mir sucht!“ (5,7)

Tatsächlich ist Naaman aber nur an der falschen Adresse gelandet. Die Sklavin hatte ja nicht vom König als Heiler gesprochen, sondern vom Propheten – gemeint ist der Gottesmann Elischa. Und der lädt Naaman auch ein, zu kommen und sich einen Beweis der Stärke des Gottes JHWH abzuholen. Allerdings stößt er den wichtigen Feldherrn erst mal vor den Kopf. Er bittet ihn nämlich keineswegs in sein Haus, sondern lässt ihn draußen stehen. Ein Affront. Ein unausgesprochener Vorwurf: Du Heide, du Unreiner! Und ein Ausdruck der Überlegenheit des Besiegten über den Kriegsgewinnler.

Auch der Gesundheitstipp, den Elischa gibt, ist geradezu unverschämt unspektakulär: „Geh und wasch dich siebenmal im Jordan! Dann wird dein Leib wieder gesund und du wirst rein.“ (5,10) Naaman ist empört. „Sind unsere Flüsse nicht besser als alle Gewässer Israels?“, fragt er zornig. Doch seine Diener sind pragmatisch: Probier’s doch einfach aus; kostet ja nichts.

Politische Zwänge werden akzeptiert

An diesem Punkt setzt die Lesung des Sonntags ein: Naaman macht, was Elischa ihm vorschlägt – und das Bad wirkt, der Ausschlag verschwindet. Der Aramäer ist dankbar und will Elischa reich belohnen, dafür hat er ja die Schätze mitgebracht. Gleichzeitig weiß er, wem er die Heilung letztlich verdankt: „Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel.“

Das hat Konsequenzen: Nie mehr will Naaman die alten aramäischen Götter verehren, sondern nur noch den einen wahren Gott Israels. Deshalb seine merkwürdige Bitte, „so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können“ aufzuladen: Es ist quasi heilige Erde von Gottes eigenem Land. Fast so etwas wie Jordanwasser, das heute Pilger aus Israel mitbringen.

Aber Naaman ist auch Realist: Manchmal muss er seinen König zum Gebet in den Tempel Rimmons begleiten, ja, sich dort sogar niederwerfen. Das gehört nun mal zu seinem Job. „Dann möge das der Herr seinem Knecht verzeihen“, hofft er. (5,18)

Auch Elischa ist Realist. Er akzeptiert politische Zwänge, weil er weiß, was im Umgang mit Herrschern manchmal nötig ist. Was er auch auf Drängen hin nicht akzeptiert, ist die angebotene reiche Belohnung, denn: Es war nicht sein Verdienst, Gott hat geheilt. „Geh in Frieden!“, sagt er noch und verabschiedet so den heidnischen Feind als bekehrten Freund (5,19).

Hier könnte die Geschichte enden. Tut sie aber nicht, denn Elischas Diener Gehasi scheint mit dem Geschehen unzufrieden zu sein. Vielleicht gönnt er Naaman die Heilung nicht, vielleicht will er den Feind nicht so davonkommen lassen, vielleicht ist er einfach auch nur gierig. Jedenfalls läuft er dem Gefolge Naamans heimlich hinterher, hält es an und bittet um einen Gefallen: „Soeben sind vom Gebirge Efraim zwei junge Männer, zwei Prophetenjünger, zu mir gekommen. Gib ihnen doch ein Talent Silber und zwei Festkleider!“ (5,22) Naaman glaubt, der Diener komme in Elischas Namen, und gibt großzügig sogar zwei Talente Silber – ziemlich viel Geld also. Dass Gehasi lügt und Geld und Gewänder selbst einsacken will: Auf die Idee kommt er nicht.

Elischa hingegen bleibt nichts verborgen. Als Gehasi wieder in seinem Haus auftaucht, stellt der Prophet ihn zur Rede und bestraft ihn hart: „Der Aussatz Naamans soll für immer an dir und deinen Nachkommen haften. Und Gehasi ging hinaus und war vom Aussatz weiß wie Schnee.“ (5,27)

Was uns das lehrt? Gott erweist seine Gunst manchmal überraschend dem Fremden mit anderem Glauben. Und: Auch wer in Diensten eines frommen Propheten steht, kann ein ganz übler Schurke sein.

Susanne Haverkamp