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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Gedanken zum Evangelium – Dritter Sonntag der Osterzeit

Sie beteten und stritten

Die Apostelgeschichte berichtet über das Leben in den ersten Christengemeinden. Obwohl historisch wenig gesichert ist, könnte das beschriebene Lebensmodell auch heute eine Vorlage für die Reform der Kirche sein, sagt Theologe Thomas Johann Bauer.

Evangelium

Die beiden Jünger, die von Emmaus zurückgekehrt waren, erzählten den Elf und denen, die mit ihnen versammelt waren, was sie unterwegs erlebt und wie sie Jesus erkannt hatten, als er das Brot brach.

Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen. Da sagte er zu ihnen: Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen Zweifel aufkommen? Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht.

Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße. Als sie es aber vor Freude immer noch nicht glauben konnten und sich verwunderten, sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier? Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch; er nahm es und aß es vor ihren Augen.

Dann sagte er zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesprochen habe, als ich noch bei euch war: Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht. Darauf öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften. Er sagte zu ihnen: So steht es geschrieben: Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen und in seinem Namen wird man allen Völkern Umkehr verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden. Angefangen in Jerusalem, seid ihr Zeugen dafür.

Lukasevangelium 24,35–48

Herr Professor Bauer, ist die Apostelgeschichte ein historisches Geschichtsbuch?

Die Apostelgeschichte berichtet über Ereignisse und Tatsachen, aber nicht auf die Weise, wie wir es heute aus einem historischen oder archäologischen Blickwinkel sehen. In diesem Sinn müssen wir Abstriche machen. Es gibt Unterschiede und manchmal Widersprüche zwischen verschiedenen Überlieferungen. Zum Beispiel berichtet Paulus in seinen Briefen anders über Ereignisse, die auch in der Apostelgeschichte stehen.

Welche?

Zentrale Begriffe wie „Gnade“ oder „Rechtfertigung“ finden sich nicht im Mund von Paulus in der Apostelgeschichte. Auch die Darstellung seiner eigenen Rolle oder der des Petrus ist in der Apostelgeschichte eine andere.

Wo sehen Sie das?

Die Bekehrung des Paulus, wie sie die Apostelgeschichte schildert, wird im Galaterbrief von ihm selbst anders beschrieben und eher als Berufung gedeutet. Das betrifft auch die Orte. Die Anfänge mit den Erscheinungen des Auferstandenen sind bei Lukas und dann auch in der Apostelgeschichte in Jerusalem; im Matthäusevangelium erscheint der Auferstandene zuerst in Galiläa. Es gibt also nicht nur eine einzige Quelle, von der alles ausgeht, sondern es scheint verschiedene Anfänge zu geben, die sich nicht eindeutig historisch fassen lassen.

Das wird viele Touristen und Pilger im Heiligen Land enttäuschen, die nach den historischen Orten suchen ...

Die Apostelgeschichte versucht nicht einfach, historische Fakten zu berichten und wie es nacheinander abgelaufen ist. Das wäre eine naive Lektüre, denn zwischen den Ereignissen selbst und der Abfassung liegen ja schon Jahrzehnte. Es geht vor allem darum, ein ideales Bild vom Anfang der Gemeinde zu zeichnen. Dieses Ideal soll als Orientierung für die Kirche und das spätere Christentum dienen.

Was weiß man über die Urgemeinde?

Nicht sehr viel. Offenbar gab es ja nicht nur die eine Urgemeinde in Jerusalem, sondern weitere Gemeinden, die den Anfang ausmachten. Die älteste Quelle, die uns vorliegt, sind die authentischen Briefe des Paulus. Sie zeigen, dass die Jerusalemer Gemeinde zu dieser Zeit eine wichtige Rolle spielte und dass es aber auch andere Zentren wie Antiochia in der heutigen Türkei gab, mit denen Paulus verbunden war. Es gab unterschiedliche Autoritäten wie den Zwölferkreis der Jünger, Paulus und die Familie Jesu, darunter etwa den Herrenbruder Jakobus, die eine wichtige Rolle spielten. Es wird aber auch deutlich, dass es vielfältige Konflikte und Spannungen gab.

War die Nachwahl des Apostels Matthias historisch, von der die Apostelgeschichte spricht?

Die Nachwahl wird nur in der Apostelgeschichte erwähnt und ist mit ihrem speziellen Konzept der zwölf Apostel verbunden. Spätere Nachwahlen und Ergänzungen des Kreises kennt auch die Apostelgeschichte nicht. Die Zahl Zwölf hat eine symbolische Bedeutung. Sie steht für die Tradition der Sammlung des endzeitlichen Gottesvolkes. Hier geht es also um die Sammlung des neuen Gottesvolkes durch Jesus. Dem Verfasser der Apostelgeschichte war wichtig, dass der Kreis der Zwölf zum Beginn der Ausbreitung des Christentums vollständig war. Auch das Wort „Apostel“ bekommt so eine neue Bedeutung.

Welche?

Während zuvor Apostel einfach Missionare als Abgesandte der Gemeinde und dann auch Abgesandte des Auferstandenen waren, setzt die Apostelgeschichte die Apostel exklusiv mit dem Kreis der Zwölf als autoritative Zeugen des irdischen und auferweckten Jesus gleich.

Woran erkennt man, dass wenigstens Paulus eine historische Figur war?

Paulus hat uns von ihm selbst verfasste Briefe hinterlassen. Jakobus, der Herrenbruder, wird sogar von dem jüdischen Historiker Flavius Josephus genannt. Das ist eher die Ausnahme, denn das gilt für andere Figuren der frühen Zeit der Gemeinde so nicht.

Was ist die Hauptbotschaft der Apostelgeschichte, die über historische Details hinausgeht?

Die Apostelgeschichte beschreibt ein verklärtes und ideales Bild der Gemeinde, geprägt von Einheit in der Lehre, gemeinsamem Brotbrechen, Solidarität miteinander und Gebet als Hinwendung zu Gott. Auch die Idee des „Liebeskommunismus“, bei dem alle ihren Besitz teilen und jeder so viel erhält, wie er braucht, aber nicht mehr, ist Teil dieses Ideals.

Wurde das in der Realität praktiziert?

Es ist ein Idealbild, keine absolute Norm. Die Apostelgeschichte zeigt, dass Konflikte und Uneinigkeit zum Leben der Gemeinde gehören, aber sie fordert dennoch immer wieder zur Einheit auf. Streit und Missgunst, Karrierestreben und Missstände in Lehre und Disziplin sind wohl so alt wie die Kirche selbst. Das regt deshalb auch heute noch dazu an, uns zu fragen, wie wir dem in der Apostelgeschichte entworfenen Ideal näherkommen können – als bleibendes Programm für die Reform und Erneuerung der Kirche.

Ist dieses Ideal überhaupt erreichbar?

Wie bei allen Idealvorstellungen sollen wir uns darum bemühen, auch wenn wir wissen, dass wir es vielleicht nie vollständig erreichen können und immer wieder daran scheitern. Es ist wichtig, nach diesem Ideal zu streben, anstatt sich mit weniger zufriedenzugeben.

Interview von Michael Kinnen