"Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ - diesen Faschingsschlager kennt wohl jede/r. Vorbei sind die närrischen Tage, Prunksitzungen, Büttenreden und Umzüge. Doch nicht "alles“ ist vorbei, denn etwas anderes hat begonnen - die österliche Bußzeit, besser bekannt als Fastenzeit. Sie will dazu anhalten, sich zu besinnen, sich zurückzunehmen und womöglich das eigene Leben und Verhalten kritisch anzusehen.
Möglichkeiten dazu gibt es genug. Neben dem namengebenden Verzicht auf Nahrungs- und Genussmittel wächst bei manchen der Wunsch, endlich etwas im eigenen Leben zu ändern: Man möchte bewusster leben, mehr man selbst sein, sich gut fühlen. Da kann die bevorstehende Fastenzeit sehr wohl ein Anstoß sein, mit den Veränderungen zu beginnen. Warum nicht jetzt, wo Besinnung und Umkehr gewissermaßen (kirchen-)offiziell dran sind?
Es ist durchaus wichtig und richtig, das eigene Leben gelegentlich kritisch zu überprüfen, insbesondere wenn sich Unzufriedenheit breit macht und man das Gefühl hat, etwas Wichtiges zu verpassen. Das kann aber auch schnell dazu führen, sich vorrangig mit sich selbst und den eigenen Lebensverhältnissen zu beschäftigen und darüber die Erwartungen und Bedürfnisse anderer Menschen aus den Augen zu verlieren.
Selbstoptimierung ist nicht nur, aber gerade in der Fastenzeit angesagt und nicht wenige tun das auch. Es bleibt allerdings die Frage: Trifft das den Sinn einer Fastenzeit? Geht es in den kommenden vierzig Tagen wirklich vor allem darum, das Möglichste aus sich herauszuholen und sich in jeder Hinsicht zu optimieren?
Oder geht es nicht doch um etwas anderes? Nämlich um Achtsamkeit und Wertschätzung, um Anerkennung, und um Lebensmöglichkeiten für alle. Darum, dass es nicht nur für mich besser werden soll, sondern dass es für alle besser werden soll - vor allem für die, die nicht an einem Leben teilhaben, das für uns so selbstverständlich ist. Die Fastenzeit lenkt also nicht nur den Blick auf uns selbst - so nötig und hilfreich das auch sein mag -, sondern sie lenkt den Blick auch und gerade auf jene, die unsere Aufmerksamkeit brauchen.
Die Fastenzeit ist ein Angebot, diese Welt (und vielleicht auch ein bisschen sich selbst) etwas besser zu machen. Selbstverständlich können und sollten auch wir bessere Menschen werden - doch möglicherweise werden wir gerade dadurch bessere Menschen, indem wir anderen das Leben leichter, erträglicher und schöner machen. Der Weg zu sich selbst führt manchmal über andere.
Matthias Lotz, Katholischer Pfarrer in Höchberg