Evangelium
In jener Zeit kam Jesus in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!
Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.
Lukasevangelium 10,38–42
Isaak
Der Name Isaak bedeutet „er lacht“, denn Sara lacht, als sie von Gottes Versprechen hört. „Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch Liebeslust erfahren?“, fragt sie. Und: „Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann!“ (Genesis 18,12). Dieser Teil wird in der Lesung des Sonntags leider ausgespart – wie so oft die Rolle der Frauen ausgespart bleibt.
Die Geburt des Isaak ist wichtig, obwohl Abraham bereits einen Sohn hat, Ismael. Dessen Mutter ist die Sklavin Hagar – Sara selbst hatte ihren Mann wegen ihrer eigenen Unfruchtbarkeit zu ihr geschickt. Zwar werden auch Ismael viele Nachkommen verheißen, doch der Bund, den Gott mit Abraham geschlossen hat, soll in Saras Sohn weiterleben. Also tat Gott, „wie er versprochen hatte“ (Genesis 21,1).
Isaaks Geburt symbolisiert Gottes Treue und die Fortführung seines Bundes mit Abraham. Als einer der drei Erzväter (neben Abraham und Jakob) trägt Isaak den göttlichen Segen weiter, durch ihn sollen alle Völker gesegnet werden.
Simson
Simson ist einer der großen Richter Israels – damals, bevor es dort Könige gab. Sein Name leitet sich vom hebräischen Wort für Sonne ab. Sein Vater ist Manoach aus dem Stamm Dan, seine Mutter ist namentlich nicht bekannt. Doch ihr, nicht ihrem Mann wird die Geburt des Sohnes angekündigt: „Der Engel des Herrn erschien der Frau und sagte zu ihr: Siehe, du bist unfruchtbar und hast nicht geboren; aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären“ (Richter 13,3).
Auch dass es ein besonderer Mensch sein wird, erfährt sie: „Es darf kein Schermesser an seinen Kopf kommen; denn der Knabe wird vom Mutterleib an ein Gott geweihter Nasiräer sein. Er wird damit beginnen, Israel aus der Hand der Philister zu retten“ (Richter 13,5). Eine Ankündigung, die fast scheitert, weil Simson den Reizen der Frauen mehr zugeneigt ist, als gut für ihn ist. Vor allem denen der Delilah …
Samuel
Hanna ist kinderlos und verzweifelt. „Gott hatte ihren Schoß verschlossen“, heißt es im ersten Buch Samuel (1,6). Ihr Mann Elkana hat Kinder mit seiner Nebenfrau Peninna, die Hanna wegen ihrer Unfruchtbarkeit schikaniert. Im Gebet legt Hanna ein Gelübde ab: Falls sie einen Sohn bekommt, wird sie ihn Gott überlassen.
Ihre Bitte wird erhört. Sie nennt das Kind Samuel, das bedeutet: „Ich habe ihn von Gott erbeten.“ Schon als Kleinkind bringt Hanna ihn zur Erziehung in den Tempel. Samuel wird Priester, Richter und Prophet. In einer Zeit des Umbruchs führt er das Volk Israel und spielt eine entscheidende Rolle beim Übergang zur Monarchie: Er salbt erst Saul und später auch David zum König – gegen seine eigene Überzeugung und nur weil Gott ihn etwas resigniert anweist: „Hör auf die Stimme des Volkes! Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr ihr König sein!“ (1 Samuel 8,5)
Johannes der Täufer
Zacharias und Elisabet sind alt und kinderlos. Da erscheint Zacharias im Tempel der Engel Gabriel: „Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Johannes geben“ (Lk 1,13). Doch Zacharias zweifelt, weist den Engel auf das Alter von sich und seiner Frau hin. Die Strafe für diesen Unglauben folgt sofort: Zacharias verstummt, bis Johannes acht Tage nach seiner Geburt beschnitten wird.
Auch dieser wundersam geborene Sohn hat eine besondere Aufgabe: Er wird Zeuge für Jesus. Schon seine Mutter Elisabet hat die Bedeutung des da noch ungeborenen Jesus erkannt: „Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt“, fragt sie, als das Kind in ihrem Leib vor Freude hüpft (Lukas 1,43). Später wird Johannes ein bekannter Prediger und Asket, der seine Rolle darin findet, auf Jesus hinzuweisen: „Mitten unter euch steht einer, der nach mir kommt; ich bin nicht würdig, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“ (Johannes 1,27).
Jesus
In Nazaret erscheint der Engel Gabriel der unverheirateten Jungfrau Maria und kündigt ihre Schwangerschaft an (Lukas 1,26-38). Der Engel befielt ihr, dem Kind den Namen Jesus zu geben, der „Gott ist Rettung“ bedeutet, und prophezeit: „Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden.“
Doch wie Sara und Zacharias ist auch Maria skeptisch. Sie fragt den Engel: „Wie soll das geschehen?“ Aber Gabriel antwortet ihr: „Für Gott ist nichts unmöglich!“ Diese Formulierung ist fast identisch mit der aus der Isaak-Erzählung, in der Abraham auf seine Nachfrage hin hört: „Ist denn beim Herrn etwas unmöglich?“ (Gen 18,14).
All diese Geburtserzählungen machen deutlich: In der Bibel lassen sich viele wichtige Persönlichkeiten an ihrem Lebensbeginn erkennen. Gottes Erbarmen zeigt sich an den Frauen, die unerwartet und allen Widrigkeiten zum Trotz ein Kind bekommen. Maria wird in eine lange Tradition biblischer Frauen gestellt.
Und doch hebt sich die Geburt Jesu in einem entscheidenden Punkt von allen anderen Erzählungen ab. Während sich vorherige Erzählungen immer um Unfruchtbarkeit und ein hohes Alter drehen und die Väter eindeutig benannt und bekannt sind, ist es bei Jesus anders: Maria ist jung und fruchtbar. Bei ihr ist das Wunderbare die Jungfrauengeburt. Der Engel Gabriel gibt die theologisch bedeutsame Erklärung: Gott selbst ist der Vater dieses Kindes – und Jesus ist damit sein Sohn, noch bevor sein irdisches Leben überhaupt begonnen hat. „Denn für Gott ist nichts unmöglich.“
Jasmin Lobert