In unserer Diözese, ja in allen Bistümern des deutschsprachigen Raumes, wird derzeit viel über Strukturen nachgedacht. Die gesellschaftlichen Verhältnisse scheinen die Angebote unserer Pfarrgemeinden überholt zu haben. Vom Personal- und Gläubigenmangel ist aller Orten zu hören.
Die tieferen Gründe für diese Situation ist die Frage, inwieweit Gott im Leben der Menschen eine Rolle spielt, ja überhaupt noch vorkommt. Wenn ich in mein Umfeld oder in die Medien schauen, habe ich den Eindruck, es lebt sich ganz gut ohne Gott. Der Glaube hat kaum noch Relevanz für den Alltag.
Vielleicht müssen wir uns als Christen selbst hinterfragen, inwieweit wir von Gott reden und wie wir über ihn reden. Haben wir sein Anderssein nicht zu sehr unseren Wünschen angepasst? Wo aber ist da noch Platz für den unbekannten Gott? Für den Rätselhaften, Verborgenen, Schweigenden?
Wir können Gott schlecht in ein Bild fassen. Wie sollen wir ihn dann aber wahrnehmen? So, wie wir das Autofahren nicht im theoretischen Unterricht lernen können und das Kochen nicht durch das Lesen von Rezepten, so erfordert auch der Glaube echte Arbeit, oder besser gesagt Übung.
Glaube hat also viel mit Erfahrung zu tun. Deshalb erzählen wir kleinen Kindern von Gott in Bildern und Geschichten. Bringen wir unser Leben, unseren Alltag mit Gott in Verbindung, gehen wir mit Gott in Beziehung. Mein Leben im Spiegel des Glaubens zu betrachten, lässt mich die schönen Dinge, aber auch die großen Herausforderungen und Anstrengungen in eine Ordnung bringen. Es macht mich dankbar und zufrieden, schenkt mir Zuversicht und Gelassenheit. Wenn ich mich auf Gott einlasse, muss ich nicht alles haben und tun, nicht alles können und wissen.
Nehmen wir Gottes Angebot an „Ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt“. Lassen wir uns darauf ein, auch wenn wir es nicht mit dem Kopf, aber mit dem Herzen fassen können. Nehmen wir unser Leben an und leben es, Tag für Tag. Und im Gehen unseres Weges werden wir so manche Antwort auf das Geheimnis erfahren, das wir mit Gott umschreiben. Vielleicht können wir dann den Worten des Jesuiten Alfred Delp zustimmen, die er kurz vor seiner Hinrichtung sprach: „Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt“.
Margit Rotter
Leiterin des Diözesanbüros Würzburg