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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 1. November 2020

Arm-selig

„Selig, die arm sind vor Gott ...“. Arm und selig – wie geht das zusammen? Armselig meint bei uns doch schwach und mickrig. Und doch gibt es eine Armut, die selig macht.

Evangelium

In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.    
Matthäus 5,1–12a

Der Priester und Poet Andreas Knapp beschreibt in einem Gedicht das Corona-Virus. In dem Text heißt es, ein winziges Stück RNA erinnere den Menschen an seine Sterblichkeit. Das Ergebnis: Panik. Denn seine Sterblichkeit hatte der Mensch offenbar vergessen.

Tatsächlich macht das Virus uns massiv unsere Grenzen und unsere Geschöpflichkeit bewusst. Unerwartet und unerbittlich kommt es uns modernen Machern quer, die alles im Griff zu haben meinen und die Armut unserer Endlichkeit und Erbärmlichkeit vehement zu verdrängen suchen. Diese ärmliche Erfahrung von Unsicherheiten und Ungewissheiten macht uns zu schaffen. Da ist uns vieles aus der Hand geschlagen, und wir spüren bisweilen schmerzlich: Wir haben unser Leben nicht in der Hand. Da sehen wir ganz schön alt aus und arm obendrein.

„Selig, die arm sind vor Gott ...“ – das ist wie eine Überschrift über die Seligpreisungen am Beginn der Bergpredigt, der programmatischen Rede Jesu. Papst Franziskus nennt sie den „Personalausweis der Christen“. Arm und selig – wie geht das zusammen? Armselig meint bei uns doch schwach und mickrig. Und doch gibt es eine Armut, die selig macht. Hier wird Armut zu einer geistlichen Grundhaltung. Wer seinen Halt in Gott hat, kann in der Haltung der Armut leben und sich entsprechend verhalten in den Herausforderungen des Lebens, auch der gegenwärtigen Zumutungen.

„Selig, die arm sind vor Gott ...“, das meint: Gut dran sind die, die nicht alles haben und im Griff haben müssen. Glück haben die, die manches lassen können, weil sie sich im Glauben auf Gott verlassen. Selig sind die Empfänglichen, die ihr Herz noch zu verschenken haben, deren Hoffnung noch Flügel hat, deren Liebe noch hungrig ist, weil sie sich nicht billig abspeisen lassen mit dem, was die Welt zu bieten hat. Selig sind, die so arm sind, dass Gott ihr Reichtum werden kann. Andreas Knapp bringt es ins Bild und auf den Punkt: „Der von allem Entleerte nur kann ganz erfüllt werden.“

Vieles war in den ersten Wochen der Corona-Zeit leer: die Kaufhäuser, die Innenstädte, die Straßen, der Luftraum, die Meere. Bei allen Einschränkungen – haben wir uns nicht auch gewundert, gestaunt, uns gefreut, dass das möglich ist? War uns trotz allerlei Begrenzungen nicht auch eine große innere und äußere Freiheit geschenkt? Während uns vieles abging, ging uns manches andere ganz neu auf. Verzicht und Armut auf der einen Seite – Glück und Seligkeit auf der anderen. Arm-selig. Vielleicht eine ganz neue Erfahrung. Hoffentlich nachhaltig. „Es wird uns nichts geschenkt ... – es wird uns alles geschenkt! In der Spannung zwischen diesen beiden Aussagen bewegt sich das Leben, das sich von den Seligpreisungen locken lässt“ (Bischof Franz Kamphaus).

Und wer sich von Gott beschenkt weiß, wer sich in aller Armseligkeit gehalten fühlt, der kann anderen Halt geben, die wirklich arm dran sind. So wird die Seligpreisung zu einem Hoffnungsbild, zu einer Vision, die in Bewegung setzt. Wie viele haben das während der Corona-Zeit getan und sich dabei glücklich, ja selig gefühlt und andere glücklich und selig gemacht. In der Bäckerei um die Ecke gibt es einen Rabatt für „Corona-Helden“, für beherzte Menschen bei der Feuerwehr, bei Rettungsdiensten, im Krankenhaus ... Sie haben den Abstand gewahrt, aber keine Distanz gehalten. Papst Franziskus nennt sie „Heilige von nebenan“. So bekommt das Allerheiligenfest eine sehr aktuelle, ganz neue und weite Dimension.

Heribert Kaufmann ist Pfarrer in solidum für Kleinost­heim, Mainaschaff und Stockstadt

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.