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Impulse

Unterschiedlichste Autoren im Bistum Würzburg veröffentlichen regelmäßig spirituelle Texte in Tageszeitungen, im Internet oder in Druckwerken. Die Interpretationen der christlichen Botschaft bestärken im Glauben, im alltäglichen Leben und regen zum Nachdenken an. Einige dieser Texte stellen wir hier für Sie zusammen.

Wort zum Sonntag am 22. August 2021

Wollen wir rückwärtsgehen?

Sind wir bereit, unseren Horizont zu erweitern wie die Jünger? Der Herr hat sie aus ihren Wohnungen geholt und auf einen Weg gebracht, wo sie noch Größeres sahen (nach Joh 1,50).

Evangelium

In jener Zeit sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten: Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören? Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß? Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn aufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben. Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn ausliefern würde. Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist. Daraufhin zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm umher. Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Johannes 6,60–69

„Dass du bei diesem Verein überhaupt noch mitmachst?“ – gemeint ist die katholische Kirche; heftig haben wir als junge Leute diskutiert in den Jugendgruppen, die ich in meiner Heimat im Spessart gegründet habe. Heiß ging es auch zu im Laufe der Jahre am Stammtisch, wo ich als Schüler und Student gekellnert habe, und bei Musikfesten: „Was, du willst Priester werden?“ Oder später: „Wenn die Kirche sich nicht ändert und modern wird, laufen ihr auch noch die letzten davon!“

Nicht harte Kritik an der Kirche ist das Problem, sondern der leise Auszug. Die Mitgliederentwicklung in der Diözese Würzburg zeigt, dass sich die Zahl der Katholiken bis zum Jahr 2060 um 54 Prozent verringern wird. Zwar wird erklärt, dass der Rückgang stärker mit demografischen Faktoren – also Überalterung, Änderung in der Zusammensetzung der Gesellschaft – zu begründen ist und nicht mit weniger werdenden Taufanmeldungen oder vermehrten Kirchenaustritten. Dennoch werfen Missbrauchsfälle und finanzielle Skandale bis in den Vatikan hinein ein miserables Licht auf die Kirche.

„Wollt auch ihr weggehen?“, fragt Jesus die Jünger. Der Jesuit Peter Köster beleuchtet in „Lebensorientierung am Johannesevangelium“ den Hintergrund. Es handelt sich nicht nur um Weggehen; gemeint ist: „nach rückwärts“ gehen. Viele Jünger marschieren wieder dorthin, von wo sie gekommen sind. Sie können nicht die persönliche Glaubensentscheidung fällen für diesen Mann aus Galiläa, der von sich behauptet: „Ich bin nicht in meinem eigenen Namen gekommen, sondern Er, der mich gesandt hat, ist wahrhaftig“ (Joh 7,28).

Warum sollen die Menschen diesem Wanderprediger glauben, dass er der Sohn Gottes ist? Schließlich gab es etliche davon, die von sich behaupteten, das gelobte Land von der Unterdrückung durch die römische Besatzungsmacht zu befreien und das Königreich Gottes aufzurichten.

Reza Aslan – im Iran geboren, nach der Revolution mit seiner Familie in die USA geflüchtet und mit 15 Jahren evangelikaler Christ geworden – hat in seinem Buch „Zelot. Jesus von Nazaret und seine Zeit“ das Lebensgefühl der Menschen im damaligen Palästina beschrieben. Faszinierend, wie dieser Professor der Universität von Kalifornien von Jesus Christus begeistert ist, auch wenn Reza Aslan wieder zum Islam zurückkehrt. „Für meine Ehefrau Jessica Jackley und den ganzen Jackley-Clan, dessen Liebe und Akzeptanz mir Jesus näher gebracht haben als all meine Lehr- und Forschungsjahre“ – so lautet die Widmung in seinem Werk.

Die Frage stellt sich uns: „Wollt auch ihr nach rückwärts gehen?“ Und können wir mit Petrus antworten: „Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes“? Nur zu oft will sich Mutlosigkeit in unserem Leben breitmachen; Empörung über das Versagen der Amtskirche; Frust über die Unbeweglichkeit der Gemeinden; Enttäuschung über eigenes Fehlverhalten. Wollen wir dorthin zurückgehen oder sind wir bereit, unseren Horizont zu erweitern wie die Jünger? Der Herr hat sie aus ihren Wohnungen geholt und auf einen Weg gebracht, wo sie noch Größeres sahen (nach Joh 1,50).

Nebenbei bemerkt: Kritik an der Kirche soll uns vorwärtsbringen. Kirchenkritische Literatur bekomme ich von einem ehemaligen Kommunionkind ausgehändigt. Der junge Mann ist zwar schon lange aus der Kirche ausgetreten, aber der Dialog scheint ihm gut zu tun – mir auch!

Wolfgang Senzel ist Pfarrvikar in der Pfarreiengemeinschaft Dürrbachtal.

Das "Wort zum Sonntag" erscheint wöchentlich im Würzburger katholischen Sonntagsblatt.